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Mehr Teilhabe durch Leichte Sprache

Wie kann man die deutsche Sprache lernen? Sprache ist lebendig und  lebt vom Austausch. Für das Erlernen der Schriftsprache gibt es seit einigen Jahren ein tolles Konzept – Leichte Sprache. Es gibt verschiedene „Schulen“, die sich zum Teil deutlich unterscheiden und auch optisch fallen diese Texte sofort auf: Manche nutzen einen Trennstrich  oder den sogenannten Mediopunkt, ein Trennpunkt, der längere Wörter optisch besser darstellen soll. Ein Überblick über das „System“.

Wie viele andere gute Ideen stammt das Konzept der Leichten Sprache aus dem Bereich der Inklusion. In Deutschland gibt es verschiedene „Schulen“, die in der Sprachvermittlung aktiv sind. Weiterbildungen gibt es u.a. bei den Netzwerken Leichte Sprache e.V. (Münster) oder deutschlandweit beim Franchise-Unternehmen capito. Auch die Universität Hildesheim bietet für Interessierte Tagungen und Austausch an Deutschlands einziger Forschungsstelle LS (Abk. für Leichte Sprache).

Eine Zweitsprache schnell lernen – was hilft dabei?

Die zentrale Frage lautet: Wie kann man eine Zweitsprache gut und schnell lernen, denn sie ist die Grundlage für eine erfolgreiche Integration – und das in jedem Land.

Nach der LEO Studie der Universität Hamburg (2018) können über 6 Mio. Menschen nicht ausreichend lesen/schreiben und das in ihrer Muttersprache Deutsch. Sie haben die Schule mit und ohne Abschluss verlassen, stehen oft im Berufsleben oder haben sogar Studienabschlüsse und Berufsausbildungen. Und trotzdem nehmen sie nicht so richtig am gesellschaftlichen Leben teil. Doch gerade in einer entwickelten Industrienation ist das die Basis und auch viele Menschen mit Migrationshintergrund suchen – ihren Weg – was muss man in einer neuen Kultur lernen?

Leichte Sprache – was ist das und für ist sie hilfreich?

Leichte Sprache ist ein Sprachkonzept, das Menschen mit Leseschwierigkeiten beim Erlernen einer Zweitsprache helfen kann und hat drei Funktionen:

  • Partizipialfunktion: endlich teilhaben und sich selbständig Texte erschließen können
  • Lernfunktion: für Menschen mit Migrationshintergrund, die eine Zweitsprache neu lernen und LS als Einstieg nutzen auf dem Weg zu standardsprachlichen Texten
  • Brückenfunktion: LS ist immer ein Zusatzangebot, es kann und soll keinen Ausgangstext ersetzen, aber man kann zwischen den Angeboten wechseln

Das Ziel ist Teilhabe und das in jedem Bereich des öffentlichen und privaten Lebens. Davon betroffen sind nach Schätzungen rund 20 Mio. Menschen in Deutschland. Das ist fast jeder Vierte!

Die Fähigkeit zu kommunizieren kann jede*r verlieren

Immer mehr Betriebe erkennen, dass sie ihre Mitarbeiter*innen nicht „erreichen“ und denken um. Ohne gute Sprachkenntnisse werden es Migrant*innen viel schwerer haben, Ausbildungen oder Jobs zu finden.

Die Fähigkeit zu kommunizieren kann jede*r von uns auch jederzeit verlieren. Denn auch nach einem Unfall mit einer Störung des Sprachzentrums oder einem Schlaganfall muss man teilweise Sprache neu lernen. Auch für Gehörlose ist es hilfreich. Denn ihre Erstsprache ist die Gebärdensprache, ein eigenes Sprachkonzept, das für eine bessere Inklusion schon in der Schule vermittelt werden sollte – so wie andere „Fremdsprachen“ auch.

Welche Angebote gibt es schon?

Mittlerweile gibt es eine ganz gute Auswahl an Büchern und Texte in verschiedenen Niveaus. Das Netzwerk Leichte Sprache e.V. verwendet das europäische easy-to-read-Siegel. Der Verein ist ein Zusammenschluss von Einzelpersonen oder Firmen. Die Firma capito ist ein ursprünglich österreichisches Franchise-Unternehmen und hat ein eigenes Siegel in grün-gelb, dort gibt es auch Weiterbildungen als Übersetzer*in. Beide Organisationen prüfen ihre Texte mit echten Menschen. Im duden Verlag sind mittlerweile mehrere Bücher erschienen, die sich v.a. wissenschaftlich dem Thema nähern.

Welche Lehrwerke gibt es?

Informationen für alle. Europäische Regeln, wie man Informationen leichter lesbar und leicht verständlich macht.

Broschüre von Inclusion Europe, 2009, verfasst in Leichter Sprache. Kostenlos als Download

Leichte Sprache – Ein Ratgeber

Herausgeber: Netzwerk Leichte Sprache e.V. in Zusammenarbeit mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS), 2013. Kostenlos print und Download

Leichte Sprache im duden Verlag: Arbeitsbuch, Ratgeber und auch ein Grundlagenwerk für Fachleute

Auffallend ist, dass es (noch?) keine einheitlichen Standards gibt. Die Universität Hohenheim hat ein unabhängiges Siegel und 2 Prüfsiegel, sie prüfen mittels Software. Die beiden anderen Netzwerke lassen ihre Texte von Menschen aus der jeweiligen Zielgruppe prüfen – das ist aufwendig, daher gibt es auch kaum tagesaktuelle Informationen.

Die meisten Bücher gibt es v.a. Beim Verlag Spaß am Lesen, ca. 80 Titel in Einfacher und Leichter Sprache, u.a. übersetzte Klassiker oder Biografien sowie ein Jugendprogramm.

Der Verlag Spaß am Lesen bietet, deutschlandweit einmalig, mit der Zeitung „Klar und Deutlich“ drei kostenpflichtige Abo-Varianten: gedruckt (Klar & Deutlich) und als Download (Klar & Deutlich aktuell).

Deutschlandweit führend im Bereich Sprachmittlung sind die Volkshochschulen mit verschiedenen Angeboten.

Einfachstars ist ein privater Blog der Übersetzerin Anne Leichtfuß (heißt wirklich so!). Sie schreibt und twittert über die bunte Welt der Prominenten – denn neben all der (Weiter-)Bildung bietet das Leben doch so unendliche viele Geschichten.

Am wichtigsten bleibt beim Sprachenerwerb immer der direkte Kontakt mit Menschen. Ich finde, dass sich Sport als Einstieg bestens dafür bewährt hat. Auch wenn man vielleicht anfangs noch nicht viel verbal miteinander kommuniziert, es wächst zusammen durch die gemeinsam erlebte Freude. Für ein gelungenes Miteinander wünsche ich mir mehr Energie auf Fremde(s) zuzugehen: Wir gewinnen alle, wenn wir die Neugierde und den Mut haben, uns aufeinander einzulassen.

Weiterführende Links:

www.leichtesprache.org

www.inclusioneurope.org

www.bmas.de

www.capito.eu

www.uni-hildesheim.de

www.nachrichtenleicht.de

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Kategorie & Format
Autorengruppe
Sabine Muhl
Sabine lebt und arbeitet in Hamburg als Verlegerin und Übersetzerin für Leichte Sprache, studierte Literatur- und Medienwissenschaften, Englisch, Kunstgeschichte und Jura. Sie ist Referentin für Öffentlichkeitsarbeit, freie Journalistin und seit 2011 für UNICEF tätig. In der Flüchtlingshilfe in Hamburg ist sie seit 2015 ehrenamtlich tätig. Sie ist Patin des Autors Merhawi Fsehye („Mein Weg in die Freiheit – Mit 15 Jahren allein auf der Flucht“).

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