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Mein langes Warten

Trotz der großen Gefahren, die die Fluchtroute über das Mittelmeer birgt, riskieren viele Menschen die Überfahrt nach Europa mit der Hoffnung auf ein besseres Leben. Doch was, wenn der Traum von der neuen Heimat Europa bereits im Bürgerkriegsland Libyen endet? Dann heißt es meist aushalten und warten. Warten auf eine bessere Zukunft.

Der 20-jährige Abdi* hatte Glück. Das weiß er jetzt, wo er im kleinen und eher improvisierten Krankenhaus von Bani Walid von unzähligen Verletzungen behandelt wird. Einige andere junge Menschen aus verschiedenen afrikanischen Ländern sind auf der Strecke geblieben. Entweder haben kriminelle Schlepper sie erschossen oder sie sind während der Flucht aus dem Lager in Khoms schlicht und einfach verschwunden. Man vermutet, dass sie irgendwo entlang der libyschen Küste getötet und liegen gelassen worden sind. Mit den Toten können die Schlepper kein Geld verdienen.

Viele dieser Menschen kennen nichts anderes als Krieg

Abdi zählt mit Tausenden anderen zu denjenigen, die alles versuchen, um nach Europa zu kommen, das gelobte Land. Sie träumen von einer Chance auf Berufsausbildung, mit etwas Glück einem Job. Sie sehnen sich nach einer Möglichkeit, aus dem Teufelskreis von Arbeitslosigkeit, mangelnder Bildung und prekären Verhältnissen in ihren Heimatländern auszubrechen. Viele dieser Menschen kennen seit ihrer Kindheit nichts anderes als Krieg. Mit Hilfe seiner Familie hatte sich Abdi auf den langen und gefährlichen Weg gemacht. Er wurde wie eine Ware innerhalb einer Kette von Schleppern weitergereicht, bis er in Libyen ankam. Statt der erhofften Überfahrt nach Europa fand er sich in einem der inoffiziellen Lager wieder, dort wo in den Worten der Bundesregierung „menschenunwürdige Verhältnisse“¹ herrschen.

Europa arbeitet mit Libyen zusammen

Es ist auch bekannt, dass die libysche Küstenwache mit organisierten Kriminellen zusammenarbeitet. Dieser Zustand wird aber auch auf Anfragen an das Auswärtige Amt nicht bestätigt. Angeblich um die Sicherheit der BRD nicht zu gefährden. Der Grund dürfte vielmehr darin liegen, dass die europäischen Länder auf eine Zusammenarbeit mit der libyschen Regierung und deren Küstenwache setzen, um eine Weiterfahrt der Flüchtlingsboote nach Europa zu verhindern. Die Frage über das Schicksal dieser auf dem Meer aufgegriffenen Menschen wird nicht gestellt. Wir sehen sie nicht, es gibt sie also nicht. Aber diese verzweifelten Menschen werden weiter in Lagern untergebracht, werden gefoltert und misshandelt. Vielleicht für Jahre. Wie viele man wie Abdi dort genau festhält, ist unbekannt.

Es ist eine Frage des Zufalls, ob jemand Hilfe erhält

Libyen ist seit Jahren ein zerfallender Staat und gleichzeitig ein Durchgangsland nach Europa. Die Regierung der Nationalen Einheit in Tripolis kontrolliert nur wenige Landesteile. Aber einige Lager und Gefängnisse, die außerhalb des offiziellen Einflussbereiches liegen, werden von islamischen Milizen verwaltet. Diese arbeiten mit Schleusern Hand in Hand und verdienen dabei Milliarden mit dem Mensch als Ware. Für Abdi ist es keine Perspektive, nach Somalia zurückzukehren. Trotz aller Widrigkeiten und Gefahren, unter denen er schon lange leidet. Dass man Menschen wie ihn immer wieder in solche Lager zurückbringt, wird in Europa als Erfolg gefeiert. Für wen auch immer.

Es ist eine Frage des Zufalls, ob jemand mit der Hilfe von zivilrechtlichen Organisationen oder gar Sicherheitskräften in Bani Walid Schutz und Hilfe erhält. Abdi war einer der Glücklichen. Jetzt liegt er in sicheren Händen und denkt über die Zukunft nach. Es ist der 31.12.2018 und er fragt sich, ob das neue Jahr in irgendeiner Form eine Lösung für ihn und die Anderen bringen wird. Er wäre für etwas Menschlichkeit dankbar, das wäre ein guter Jahresanfang. Aber seine innere Stimme sagt ihm, dass er damit nicht rechnen kann. Zumindest nicht in unmittelbarer Zukunft. Er wird noch warten müssen. Auf eine politische Lösung oder eine gelungene Überfahrt ins gelobte Land Europa. In diesem neuen Jahr.

*Name wurde geändert

¹Deutsche Welle: „Menschenunwürdige Verhältnisse“ in Libyen. Erschienen am 12.09.2018. Abgerufen am 24.01.2019.

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Sprachen sind wichtig für die Kommunikation der Menschen untereinander. Roman Meyer kommt aus der Schweiz, lebt aber in Ruanda….

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Kategorie & Format
Autorengruppe
Leonardo De Araujo
Leonardo De Araujo, geboren in Rio de Janeiro, Brasilien lebt seit etwas mehr als 30 Jahren in Deutschland, vorwiegend in Hamburg. Nach einigen Berufsjahren in Werbeagenturen hat er 35 Jahre in der Fernsehproduktion gearbeitet. Nebenbei hat er sich auch als Drehbuchautor und Fotograf beschäftigt – und für das Flüchtling-Magazin, heute kohero, geschrieben.

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