. Frage an das Flüchtling-Magazin:
Hallo,
ich betreue u. a. eine syrische Flüchtlingsfamilie. Der Vater ist als Flüchtling anerkannt. Die Familie (Ehefrau und 3 Kinder) konnten im Rahmen der Familienzusammenführung mit einem Visum vom türkischen Konsulat in Izmir nach Deutschland einreisen. Eine Aufenthaltserlaubnis für die Ehefrau und zwei der drei Kinder wurden jetzt um zwei Jahre verlängert (Pässe sind noch mind. 2 Jahre gültig). Die Ausländerbehörde verlangt von dem minderjährigen Sohn (16 Jahre), seinen bis April 2018 gültigen Pass durch einen neuen Pass zu ersetzen. Die Aufenthaltserlaubnis erfolgte nach § 32 Abs. 1.
Muss der minderjährige Junge zusammen mit einem Elternteil zur syrischen Botschaft nach Berlin fahren oder kann die Aufenthaltserlaubnis anderweitig verlängert werden?
Von den Kosten eines neuen Passes und den weiteren Ausgaben der Reise nach Berlin (Hotel/Bahn oder Bus) ganz zu schweigen.
Auf eine Antwort bin ich gespannt.
Antwort aus unserer Redaktion von Anwältin Angelika:
Lieber Ratsuchender,
grundsätzlich müssen Ausländer einen Pass vorlegen, um einen Aufenthaltstitel zu verlängern (§5 Abs.1 Nr.4 AufenthG).
Dies gilt allerdings nicht für anerkannte Flüchtlinge, subsidiär Schutzberechtigte und Inhaber einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs.3 AufenthG. Diese sind kraft Gesetzes von der Pflicht zur Erfüllung der Passpflicht für die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis ausgenommen.
Der Vater muss als anerkannter Flüchtling also keinen Pass bei der Verlängerung seines Aufenthaltstitels vorlegen. Die Ehefrau und die weiteren Kinder sind im Rahmen des Familiennachzugs nach Deutschland gekommen und haben wahrscheinlich noch keine eigenen Asylanträge gestellt. Dazu würde ich raten, denn dann ist ihr Status unabhängig von dem des Vaters/Ehemanns. So können sie bei der nächsten Verlängerung ihres Aufenthalts u.U. auf ein eigenes Bleiberecht verweisen (anerkannter Flüchtling oder subsidiär schutzberechtigt). Sie sind dann nicht mehr zur Vorlage ihres syrischen Passes verpflichtet.
Bei dem 16-jährigen Sohn würde ich raten, mit der Ausländerbehörde zu sprechen. Manchmal reicht es, schriftlich zu begründen, dass es für ihn unzumutbar ist, die syrische Botschaft in Berlin aufzusuchen, da er Angst hat und sich vor Repressalien fürchtet. Es gibt ja Gründe für die Flucht des Vaters aus Syrien. Diese kann er durchaus anführen. Im Übrigen müsste ihn der Vater begleiten, und auch der hat bestimmt Gründe dafür, die Botschaft von Syrien nicht mehr zu betreten.
Mit Eintritt der Volljährigkeit – also mit dem 18. Geburtstag – wird der Sohn ein eigenständiges Aufenthaltsrecht erwerben.
Besteht die Ausländerbehörde auf die Vorlage des verlängerten Passes, sollte ein im Asylrecht kundiger Rechtsanwalt eingeschaltet werden.
Viel Erfolg und toll, dass die syrische Familie so gut unterstützt wird!