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Das unbekannte Leben

Die Erinnerungen an die Ereignisse im Sommer 2015 sitzen tief: Krieg, Verhaftung, Flucht... In kraftvollen Sätzen erzählt der Autor von seinen Erinnerungen an Heimat und Krieg, Verlust und Neuanfang.

Hallo, ich bin K.R.

Der 28. August 2015 hat meine Zukunft verändert.

Ich bin jetzt 25 Jahre alt und schreibe für euch meine Geschichte auf.
Es gibt einen Satz, der lautet: In einem Moment kann man alles verlieren.
Am 28. August 2015 habe ich alles verloren: meine Freunde, mein Land, meine Familie.
In dieser Zeit bin ich vor dem Tod weggelaufen und habe meine Kindheit hinter mir gelassen.

Ich war Student in Syrien und alles war in meinem Leben perfekt. Dann hat der Krieg alles geändert.
Krieg hat zwei Bedeutungen für mich: Die eine heißt Tod. Die zweite heißt Knast, Hunger, Armut.
Am 24. Juni 2015 habe ich diese zwei Bedeutungen erfahren.
An diesem Tag bin ich zur Uni nach Damaskus gefahren, 40 km weit von Zuhause entfernt.
Aber ich brauchte drei Stunden dafür.
Um 8:00 Uhr Morgens am Kontrollpunkt der Armee wurde ich verhaftet, und ich wusste nicht warum.

Meine Schuld war, dass ich gegen Assad bin

Ich wusste nicht, dass es in unserem Land keine Demokratie gibt, aber um 8:30 Uhr habe ich es begriffen. Unser Land ist ein Diktatur.
Jetzt bin ich am Kontrollpunkt und ich weiß nicht, was noch kommt.
Werde ich geschlagen? Vielleicht getötet? Das frage ich mich die ganze Zeit. Angst! In meinem Kopf nur: Was passiert?
Der Offizier hat mich eingesperrt. Die Zeit steht still, und ich warte auf das, was kommt.
Der Offizier fängt an, mich zu schlagen. Er schlägt hart.
Nach einer halben Stunde höre ich eine Stimme. Ich kenne die Stimme, aber ich kann sie nicht gut hören.

Mama, ja, Mama!
Sie ist da. Sie bittet den Offizier, sie zu mir zu lassen.
Sie weint um ihren Sohn.
Ich kann nicht erzählen, was eine Mutter fühlt, wenn sie ihren eigenen Sohn geschlagen sieht.

Sie sagt dem Offizier: Ich kann dir alles geben, aber lass ihn bitte gehen.
Sie hat ihm Geld für Essen und Trinken gegeben.
Der Offizier hat das Geld genommen, aber hat mich nicht gehen lassen.
Er hat meine Mutter nach Hause geschickt, aber sie will mich nicht alleine lassen. Sie weint und sagt: Bitte, das ist mein Sohn!

Mama ist nicht mehr da

Der Offizier redet mit den anderen, ob sie mich in den Knast schicken sollen oder nicht.
Knast heißt bei uns Sterben durch Hunger und Prügel. Es heißt 80 Menschen in einem kleinen Raum.
Er bekommt einen Anruf.
Er schreit und sagt: Wir müssen los!

Sie sind alle weg gefahren.
Aber ich bin noch da!
Was ist passiert?
Ich weiß es nicht, ich weiß nur, dass ich jetzt laufen muss. Meine Hand ist verbunden, aber es ist mir egal. Ich kann laufen. Ich bin gelaufen, bis ich Zuhause angekommen bin.

Mama hat mich gesehen, sie ist glücklich, aber Sie fragt mich: Wie? Was? Warum? Aber Hauptsache: Ich bin wieder da.
Ich sage immer: Ein Sohn ist ein Stück Mutterland.
Mama weint nur noch und sie sagt zu mir: Geh weg!

Fahre und flüchte von hier weg!

Such für dich eine neue Zukunft, ein neues Leben. Bleibe hier nicht.
Das waren harte Worte.
Sein Land zu verlassen, Familie und Freunde – das ist sehr schwierig.

Die Entscheidung fällt mir schwer.
Unbekanntes Leben oder weitere Schicksalsschläge und Leid?
Zwei Monate und zwei Tage habe ich darüber nachgedacht. Wie soll ich mich entscheiden?
So viele Fragen in meinem Kopf. Ich habe keine Antworten gefunden. Wohin soll ich flüchten? Wie kann ich das tun?

Ich habe mich nun für das unbekannte Leben entschieden.

Diese Berichte wurde  im Schreibtandem  mit Genia Loginova geschrieben

 

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Eine Antwort

  1. Ich lese zur Zeit das Buch „Der Junge am Strand“ von Tima Kurdi.Meist schaffe ich nur ein paar Seiten,weil ich so traurig und aufgewühlt bin.-Ich verstehe viele Menschen hier im Land nicht,die keine Menschen aus Kriegs-Ländern aufnehmen wollen.Jeder,der hier nach Deutschland kommt,will nur in FRIEDEN leben.Und Viele bedenken nicht,dass militärisches Gerät auch aus Deutschland stammt,oft auf Umwegen oder illegal in diese Länder gebracht.
    Wir können froh sein,dass wir fast sorgenfrei leben können.Und die Sorgen,die hier manchmal auftreten,sind nichts gegen die traumatischen Erlebnisse in einem Kriegsgebiet.
    Ich wünsche dem jungen Mann alles Gute hier in D und dass er seine Familie irgendwann wiedersieht.

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