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Es gibt nichts Gutes, ausser man tut es

Ich heiße Wolfgang Linder und bin im Dezember 1951 im beschaulichen Schwarzwaldstädtchen Todtnau geboren. Heute wohne ich in Zell im Wiesental. Eine kleine Stadt mit ca. 6200 Einwohner und vielleicht bekannt, für die Liebhaber guter Bettwäsche, mit dem Namen „Irisette“.

Nach 45 schönen und erfolgreichen Berufsjahren habe ich mich entschlossen in Rente zu gehen. Aber mit dem Ziel, nicht auf der faulen Haut zu liegen, sondern aktiv etwas Sinnvolles zu tun.

Per Zufall hat mich eine befreundete Ärztin im Februar 2016 angesprochen, ob ich mir vorstellen könnte, eine syrische Flüchtlingsfamilie in der Anschlussunterbringung zu betreuen. Nachdem wir die Familie besucht hatten, musste ich nicht lange überlegen und habe dieser neuen Herausforderung zugesagt. Und jetzt bin ich quasi mitten drin in der Betreuung von aktuell drei syrischen Familien (alle aus Aleppo). Die Arbeit macht sehr viel Spaß und soll ja bekanntlich „jung“ halten.

Bei zwei Familien war die Wohnungssuche und der Einzug abgeschlossen. Bei der dritten Familie war Muskelkraft angesagt. Denn es galt Haushaltsgeräte zu beschaffen und aktiv mit zu helfen, die Möbel von A nach B zu bringen.
Meine eigentliche Aufgabe begann dann damit, zunächst zu den Familien ein Vertrauen aufzubauen und ihnen meine Unterstützung anzubieten. In den vielen Gesprächen wurde mir immer mehr bewusst, dass diese Menschen einfach dringend Hilfe von außen benötigen. Alleine die Schilderungen, unter welchen Voraussetzungen sie die Flucht aus ihrem Heimatland angetreten haben, ihre Erlebnisse auf der Flucht und die finanziellen Opfer, die sie aufbringen mussten, waren für mich sehr schockierend.

Daher ist es für mich selbstverständlich die Menschen auf ihrem Weg in eine vernünftige Integration zu begleiten und ihnen bei der vielfältigen Aufgaben-Bewältigung zu helfen bzw. sie zu unterstützen:

● damit sie schnellstmöglich einen Sprachkurs machen zu können

● die schriftlichen Aufforderungen seitens der Behörden zu beantworten

Wolfgang Lindner

● beim Ausfüllen von Anträgen der Behörden und Krankenkassen zu helfen

● sie zu verschiedenen Behörden, Haus- und Fachärzten zu begleiten

● Vermieter bei anstehenden Wohnungsfragen oder -problemen zu kontaktieren

● Abklärungen mit Kindergärten / Schulen / Vereinen

● bei der Suche nach Arbeit (Praktikum, Ausbildung)


In manchen Kommunen werden diese Aufgaben von verschiedenen Personen dezentral erledigt und
durch einen Koordinator entsprechend organisiert. Das bedeutet dann, dass sich z.B. zwei bis drei Personen um Arztbesuche und zwei bis drei Personen um Klärungen bei Behörden kümmern. Der Vorteil hier ist, dass sich der Zeitaufwand in Grenzen hält, während man bei der kompletten Einzelbetreuung mehr zu tun hat. Dafür aber, für meine Begriffe, einen deutlich besseren Bezug zur betreuten Person oder Familie hat.

Diese Art der Einzelbetreuung wird in meiner Kommune bisher praktiziert. Aber es gibt leider nur einen kleinen Kreis von Personen, die Flüchtlinge aktiv unterstützt. Das Bewusstsein für ein Engagement in der Flüchtlingshilfe stößt bei Bevölkerung, Kommune und Mandatsträgern im Gemeinderat auf wenig Interesse. Im April 2016 war geplant das „Netzwerk Zell“ zu gründen, nachdem es hieß, dass eine Gemeinschaftsunterkunft kommt. Bei den ersten Gesprächen waren viele Interessenten anwesend und haben signalisiert zu helfen. Da die Unterkunft nun doch nicht kommt, haben sich auch die Interessenten zurückgezogen. Ein von mir verfasstes „Weckruf-Schreiben“ an alle damaligen Interessenten (ca. 30) und die Stadtverwaltung war für mich sehr enttäuschend. Ich bekam nur von zwei Personen eine Antwort (leider Absage). Daher muss ich für mich feststellen, dass ich quasi weiterhin als einer der wenigen Einzelkämpfer unterwegs bin, um Flüchtlingen bei ihrer Integration zu helfen. Schade!!

Wenn man sich quasi um fast alle Belange kümmert, so ist der Zeitaufwand ohne Zweifel nicht gering. Es wäre oft einfacher, wenn sich die Behörden auch mal Gedanken darüber machen würden, dass die Papierflut dringend reduziert werden muss. Anstatt Fragen und Rückmeldungen einfach und verständlich auf eine DIN A4 Seite zu bringen, sind oft drei bis fünf Seiten auszufüllen. Ich selbst stoße da hin und wieder an Grenzen und halte die gestellten Fragen für mich nicht nachvollziehbar und verständlich. Und wie sollen das Personen verstehen, die wenig Deutschkenntnisse haben? Gerade wegen solcher Dinge ist es sehr wichtig, dass die Flüchtlinge Unterstützung bekommen. Allein gelassen haben sie es wirklich schwer, sich im Dschungel der Behörden zurecht zu finden. Glücklicherweise habe ich in der Zwischenzeit einen relativ guten Kontakt zu Behörden aufgebaut und so bekomme ich auf Fragen auch zeitnah eine Antwort. Das war leider nicht immer so und zu Beginn gab es doch die eine und andere, nicht gerade freundliche, E-Mail.

Als Zwischenfazit kann ich über die syrischen Familien nur Positives berichten und ich bin fest davon überzeugt, dass sie sich sehr gut in Deutschland integrieren werden. Ich habe die Gelegenheit neue Personen und eine neue Kultur kennenzulernen. Die Flüchtlinge schätzen meine Arbeit und geben mir auch ein Stück „innere Zufriedenheit“ zurück. Meine Frau und meine Kinder haben großes Verständnis für meine Aufgaben und unterstützen mich sehr.

Sehr traurig ist die Tatsache, dass die Wohnungssuche für Flüchtlinge fast schon einem Drama gleichkommt. Im Rahmen einer möglichen Familienzusammenführung eines unbegleiteten minderjährigen Flüchtlings, bin ich seit Wochen auf der Suche nach Wohnraum für eine fünfköpfige Familie. Wenn ich mich auf Inserate melde und erkläre, dass ich Wohnraum für Flüchtlinge suche, ist die Leitung schnell tot bzw. die Anbieter finden alle möglichen Ausreden und sagen schlussendlich ab.

Ich bin sehr gespannt, wie diese Angelegenheit der Familienzusammenführung ausgehen wird und kann gerne zu einem späteren Zeitpunkt etwas dazu berichten.

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