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Wir waren auf einer AfD-Wahlveranstaltung im Hamburger Rathaus

Anlässlich der bevorstehenden Wahlen haben wir verschiedene Parteien interviewt. Von der #AfD haben wir keine Antworten erhalten. Daher informierten wir uns am 14. September im Hamburger Rathaus auf der Veranstaltung „AfD im Parlament – Unsere Politik wirkt!“ über ihre Ansichten zum Thema Flüchtlingspolitik. Unsere Redakteurin Sook Thing Wong fühlte sich an den Roman "Die Welle" von Morton Rhue erinnert.

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Alle Gesellschaftsschichten sind anwesend

Bei der Einlasskontrolle wurde ich – ein Mensch mit fernöstlichen Wurzeln – mehrmals durchsucht. Der Türsteher war jedoch authentisch und sympathisch. Er vertraute mir an, dass er Angst vor Übergriffen hätte: „Leider kommt es sehr oft vor, dass man uns gegenüber gewalttätig wird.“ Als ich den Saal betrete, hetzt Dr. Bernd Baumann, Landes- und Fraktionsvorsitzender der AfD Hamburg, gerade gegen Migranten. Dementsprechend sind mir die Blicke der Gäste mehr als unangenehm.
Anschließend betritt Prof. Dr. Meuthen das Podium. Mit ihm hat die AfD einen rhetorisch geschickten Redner gewonnen.

AfD Plakat zur Wahl-Veranstaltung

Er versteht es, die Massen mitzunehmen. Seine Taktik besteht darin, ein Gemeinschaftsgefühl zu bilden und Hetzreden gegen den „Schurkenstaat Merkel“ und die „gegenwärtige Kartellpolitik“ zu halten. Als Volkswirt unterstützt er seine Thesen durch Zitate bekannter Wirtschaftswissenschaftler wie Milton Friedman und Auguste von Hayek. Ein Blick in den Rathaussaal verrät, dass alle Gesellschaftsschichten anwesend ist. Den meisten begegnet man morgens auf dem Arbeitsweg. Auch Rentner und junge Erwachsene hören dem Redner gebannt zu. Es sind Frauen und Männer, die verstanden werden wollen und nun das Gefühl haben, gehört zu werden. Da kommt es gerade richtig, dass Prof. Dr. Meuthen anspricht, was viele Anwesende denken – und zwar, dass Deutschland sich durch die aktuelle Flüchtlingspolitik selbst deformiere.

Die AfD sei mehr mutig als ausländerfeindlich. Immerhin erfordere es viel Mut, sich gegen die Mehrheitsmeinung zu stellen und „seinen Mund auf(zu)machen“. Es könne nicht sein, dass ein Flüchtling mit vielen „Scheinidentitäten vom Staat unterstützt werde, während deutsche Rentner Pfandflaschen sammeln müssen.“ Es wird die Frage gestellt, ob die Regierung noch dem eigenen Volk diene. Die Regierung lasse das Volk aktuell im Stich und steuere Deutschland auf eine kulturelle Kernschmelze zu. Die AfD wolle mit ihrer Partei Deutschland wieder in die Normalität führen. Dies bedeute eine geordnete Kultur ohne Muslimen, die vielmehr Macht statt kulturelle Akzeptanz in Deutschland anstrebten, so Prof. Dr. Meuthen. Diese Standpunkte haben mir die Meinung der AfD zum Thema Integration von Flüchtlingen klar verdeutlicht.

Wunderbare Welt der Rhetorik: Mit der AfD fühle ich mich sicher

Nach dem Veranstaltungsbesuch verstand ich besser, weshalb die AfD eine so große Anhängerschaft gewinnen konnte. In seiner Rede betonte Dr. Prof. Meuthen, dass er mit den Leuten, die abgeschoben werden sollten, nicht alle Migranten meine.

Diejenigen, die bereits gut integriert sind und jahrelang in die Sozialkassen zahlen, gehörten zu Deutschland. So fühle ich mich fast wohl in der AfD: Auch mit meinem Migrationshintergrund bin ich willkommen und alle werden dazu aufgerufen, gegen die kulturelle Kernschmelze, Korruptionspolitik und für ein souveränes Deutschland zu sein. Dies gehe am besten mit der Unterstützung der AfD.

Es ist erschreckend, wie leicht die AfD Massen begeistern kann. Ein Blick in die Runde von fast 500 Besuchern verrät: Gerade bei den unteren Schichten gibt es sicher viele Gründe, weshalb sie von der aktuellen Regierung enttäuscht sind. Es ist leicht, an der Unzufriedenheit anzudocken, um sie durch raffinierte Rhetorik auf die Seite der AfD zu ziehen. Schlussendlich bedeutet die Angehörigkeit zu der AfD die Bekenntnis zu einer faschistoiden Einstellung. Bereits aus „Die Welle“ von Morton Rhue kennt man diesen Mechanismus: Anhänger eine Gruppe entwickeln ein so großes Gemeinschaftsgefühl und hohe Identifikation mit den aufgestellten Werten, dass sie aufhören eigenständig zu denken und kritisch zu hinterfragen. So sollte man nicht vergessen, dass die Angst vor der “kulturellen Kernschmelze“ auch bedeutet: Man sendet Hilfebedürftige zurück in ein Land, in dem der Tod auf sie wartet. Ansonsten wären sie nicht geflüchtet. Kritisch zu hinterfragen an dem Vortrag von Prof. Dr. Meuthen wäre daher unter anderem: Werden deutsche Bürger den Flüchtlingen gegenüber wirklich vernachlässigt und an welchen Punkten kann man ansetzen, um ein souveränes Deutschland zu erzielen?

 

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