Im Sommer 2016 verspürte ich das Bedürfnis, mich in irgendeiner Form in der Flüchtlingshilfe einzubringen. Deshalb schloss ich mich dem Helferkreis in unserem Dorf an. Bei einem Treffen der Initiative wurde erzählt, das sieben junge syrische Männer in unser Flüchtlingsheim kommen sollten. Die Frage stand im Raum: Wer kümmert sich um sie? Ich meldete mich dafür.
Gesagt, getan. Eine Woche später waren sie da. Ich ging zu den jungen Männern, bewaffnet mit einer kleinen Schokolade für jeden. Ich stellte mich vor und wir kamen ins Gespräch. Einer der Jungs, Eili, war sehr schüchtern, sagte nicht viel und hatte zu der Zeit immer eine Mütze auf. Ich glaube, er fand sich schick. Kurze Zeit später gab es in unserem Dorf ein Treffen zwischen den bisherigen Bewohnern und den Neuankömmlingen. Dort lernten Jessica und Eili sich kennen. Sie kamen ins Gespräch, so gut es eben ging, denn Eili sprach damals noch nicht sehr gut Deutsch. Eili zeigte Jessica Musik auf seinem Handy, die er mag. Sie staunte nicht schlecht: Eili hörte deutschen Schlager, nicht zuletzt um besser Deutsch zu lernen, wie er erzählte. Als auch Jessica ihm Musik auf ihrem Handy zeigte, stellte sich heraus, dass es genau die gleiche Musik war. Sie hatten den gleichen Geschmack.
Missglückte Annäherungsversuche
Durch meine Hilfe bei den jungen Männern, waren sie alle sehr oft bei uns zu Hause zu Besuch. So konnten Jessica und Eili sich „beschnuppern“. Es wurden viele Blicke hin und her geworfen. Mehr passierte erstmal nicht, da beide und ganz besonders Eili sehr schüchtern waren. Jessica versuchte dann, Eili auf einen Tee in ihr Zimmer einzuladen, weil sie mit ihm ein paar Wort alleine wechseln wollte. Eili lehnte das allerdings immer wieder ab und Jessica war ratlos.
Eilis Freund Mouad leistete Hilfe, indem er Eili auf den Zahn fühlte, wie er zu Jessica steht. Mein Gedanke war, dass Eili aufgrund seiner syrischen Erziehung nicht in ihr Zimmer gehen konnte. Sein Respekt vor mir als seiner ehrenamtlichen Helferin und gleichzeitig Jessicas Mutter war wahrscheinlich zu groß. Also nahm ich die Sache in die Hand und teilte ihm mit, das es für mich überhaupt kein Problem ist, wenn er mit Jessica Zeit in ihrem Zimmer verbringt. Nachdem das geklärt war, wurde Eili etwas mutiger und lud Jessica auf einen Kaffee in ein Café ein. Danach war das Eis gebrochen. Sie lernten sich besser kennen und verliebten sich ineinander.
Alle unter einem Dach
Weihnachten 2016 stand vor der Tür und Eili fragte mich, ob Jessicas sich über ein silbernes Armband mit den eingravierten Namen der beiden freuen würde. Natürlich würde sie das! Ab diesem Zeitpunkt waren sie fest zusammen. Im Mai 2017 haben sie sich verlobt, was in Deutschland ja gar nicht mehr so üblich ist. Eili war die Verlobung jedoch aufgrund seines Glaubens sehr wichtig.
Im Juni 2017 zog er zu uns ins Haus. Seitdem leben wir hier alle zusammen, was trotz der kulturellen Unterschiede sehr gut funktioniert. Jessica und Eili haben sich im Obergeschoss unseres Hauses eine kleine Wohnung eingerichtet, gehen beide arbeiten und leben ihren gemeinsamen Alltag wie jedes andere Paar auch. Wenn weiterhin alles so gut klappt, wollen Sie nach ihren Ausbildungen heiraten.