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Wenn aus Engagement Enttäuschung wird

2017 hatte sich Malte M.* (Name von der Redaktion geändert) ehrenamtlich bei einer Flüchtlingsunterkunft engagiert. Zuerst am Holsteinischen Kamp und später in Dehnhaide. Während sonst händeringend nach Engagement gesucht wird, wurde ihm gekündigt. Das Magazin veröffentlicht hier ein Gespräch, in dem er über seine persönlichen Erfahrungen erzählt:

© rawpixel, pixabay |

Wie fing dein Ehrenamt an?

Nachdem ich einige Zeit in der Entwicklungszusammenarbeit aktiv war, merkte ich, dass ich gern direkt mit Hilfebedürftigen arbeite. Kurz nach der Flüchtlingswelle war mir also klar, dass ich da helfen will, wo es am notwendigsten ist. Also habe ich ein Mal pro Woche Flüchtlingen Deutschunterricht gegeben. Zwischendurch hatte ich eine Fortbildung zum „Sozialbetreuer für Asylbewerber“ absolviert. Als ich gefragt wurde, ob ich das gleiche Angebot auch in Dehnhaide statt am Holsteinischen Kamp weiterführen würde, habe ich daher sofort zugestimmt.

Worauf bist du am meisten stolz?

Es hat mich mit Freude erfüllt, Menschen zu helfen. Besonders stolz hat mich das Gartenprojekt gemacht. Gemeinsam mit den Bewohnern und der Leitung habe ich geschaut, wie die Unterkunft grüner werden kann. Somit sollte die Lebensqualität gesteigert werden. Neben finanziellen Mitteln habe ich viel Zeit für den Projektantrag investiert. Glücklicherweise wurde dieser bewilligt. Allerdings musste ich als SGB II Empfänger selbst in Vorauszahlung gehen und die Euro-Paletten selbst besorgen. Zusammen mit einigen Bewohnern bin ich zum Baumarkt gefahren und wir haben Pflanzen gekauft. Die Investition hat sich gelohnt: Alle haben angepackt – Bewohner, Ehrenamtliche und auch der Heimleiter.

Was ist dann passiert?

Die Zeit verging. Und obwohl ich den Geflüchteten eigentlich bei ihrer Wohnungssuche unterstützen wollte, bin ich plötzlich selber wohnungslos geworden. Unerwartet hatte ich genug eigene Probleme und konnte glücklicherweise nach einigen Monaten eine Wohnung ganz in der Nähe der Unterkunft beziehen. Zur Weihnachtszeit habe ich dann zusammen mit einigen Bewohnern dafür gesorgt, dass es einen Weihnachtsbaum und eine Lichterkette gibt. Hierfür mussten wir die Steckdose eines Bewohners nutzen. So konnte uns allen in der kalten Jahreszeit etwas warm ums Herz werden und das Licht spendete Trost in der tristen Umgebung. Allerdings gab es Vorgaben, von denen ich nichts wusste. Folglich gab es eine sehr schroffe Aufforderung mit der Bitte um Entfernung, was wir sehr traurig fanden. Das war meine erste schlechte Erfahrung im Ehrenamt und ich war frustriert über die Intoleranz und Inflexibilität.

„Der respektlose Ton hat mich traurig und wütend gestimmt.“

Nichtsdestotrotz war ich frohen Mutes und habe bemerkt, dass der Garten ganz schön verkümmert ist. Zusammen mit einigen Bewohnern habe ich den Garten auf Vordermann gebracht. Unkraut wurde beseitigt und Pflanzen eingepflanzt. Einen Tag später bekam ich eine sehr überraschende E-Mail. In einem äußerst unprofessionellen Ton hieß es, was mir denn einfalle. Ich hätte den Garten zerstört und sollte mich nur noch auf den Deutschunterricht konzentrieren. Die Anschuldigungen und der respektlose Ton haben mich traurig und wütend gestimmt. Ich fand es unverständlich, dass der Heimleiter mit so einem schroffen Ton auf mein Engagement reagierte. Schließlich wusste er über meine persönliche Situation Bescheid. Ich hatte zu der Zeit auch viele andere berufliche und private Herausforderungen.

Zunächst habe ich darauf auch nicht reagiert. Nachdem dieselbe E-Mail noch einmal an die Leitung und die Freiwilligen-Koordinatorin in Kopie gesendet wurde, musste ich einen entsprechenden Kommentar über die Leitung abgeben. Statt der erhofften Rückendeckung erhielt ich allerdings prompt meine Kündigung. Ich fühlte mich zu dieser Zeit sehr schwach.

Mit einer solchen Behandlung der Ehrenamtlichen habe ich nicht gerechnet. Ich war fassungslos und frage mich: Gibt es eine offizielle Strategie von f & w fördern und wohnen, das Engagement ehrenamtlich Aktiver zu begrenzen oder gar zu verhindern?

Wer solche Erfahrungen macht, stellt sich die Frage, ob man sich überhaupt dem Ehrenamt widmen sollte. Viele machen ein Ehrenamt, weil sie sich aus Überzeugung einer Sache widmen, die für sie Sinn ergibt. Frustrationserlebnisse schrecken ab und hemmen den Einsatz fürs Gemeinwohl. Immerhin sollte ein Ehrenamt Freude bereiten und die Stärke der Gemeinschaft vorzeigen. Daher plädiert das Flüchtling-Magazin für mehr Freude, für respektvolle Kommunikation und Herz im gemeinsamen Umgang, egal ob Ehrenamt oder Hauptamt.

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