Immer wenn ich durch Europa reise, erhalte ich Einladungen zum Frühstück, die ich auch jedes Mal gerne annehme. Nicht, weil ich das Frühstück besonders liebe, nein, im Gegenteil! Ich bin jemand, der eigentlich zum Frühstück nur einen guten Tee braucht. Aber die Frühstückskultur in Europa sollte man einmal genauer betrachten, insbesondere das deutsche Frühstück ist ein sehr besonderes.
In den südeuropäischen Ländern ist das Frühstück eine kurze und schmerzlose Angelegenheit: An der Bar gibt es einen kleinen starken Kaffee – jeder Nicht-Südeuropäer nennt ihn Espresso – und dazu gibt es ein weiches Buttercroissant. Die nicht ganz so weiche italienische Version des Croissants kann auch nicht so richtig überzeugen…
Karg wie in Italien oder üppig wie in England?
Das klassische englische Frühstück mit allem Drum und Dran ist wahrscheinlich das bekannteste: mit Schinken (für Muslime mit Halal Putenschinken), Eiern, Bohnen, Würstchen, gebackenen Tomaten oder Porridge.
Bitte nicht falsch verstehen! Mit “das bekannteste Frühstück” meine ich, dass wir alle Zutaten kennen. Für einen nicht englischen Magen kann es eine Weile dauern, bis er sich an dieses opulente Frühstück gewöhnt hat.
Ich persönlich finde das deutsche Frühstück am besten. Einfach, weil man so lange essen kann, wie man möchte und man immer wieder neue Zutaten entdeckt.
Löffel in vier verschiedenen Größen
Während man in England das englische Frühstück von einer mehr oder weniger freundlichen Kellnerin serviert bekommt – alles auf einem Teller! – ist in Deutschland der Tisch mit allen Köstlichkeiten gedeckt. Bei solchen Gelegenheiten bewundere ich die höchst kultivierte geometrische Ausrichtung aller Zutaten zum Frühstück, angefangen mit den kleinen Löffeln in vier verschiedenen Größen, dem Eierschneider, dem Tischabfallbehälter, dem Käsehobel. Wenn dann auch noch die essbaren Zutaten hinzukommen, verdient der Import-Export Weltmeister Deutschland zu Recht seinen Titel!.
Insbesondere das Hotelfrühstück kann eine facettenreiche Komposition sein aus lokalen Köstlichkeiten wie z.B: hausgemachten Mehrkornbrötchen, Bretzeln, bis zu importiertem Lachs aus Norwegen, exotischen Früchten oder ähnlichem. Früchte spielen eine große Rolle, je exotischer desto besser. Je mehr Früchte und Käsesorten bei einem Frühstück im Hotel angeboten werden, die ein Durchschnittsgast nicht benennen kann, desto besser erscheint die Frühhstücksqualität des Hotels.
Mysteriöse Müslis mit geheimnisvollen Zutaten
Das Frühstücksangebot in Deutschland umfasst natürlich auch das traditionelle englische Frühstück mit Eiern und Schinken, die nordamerikanischen Bagels, Muffins und Waffeln mit Ahornsirup, französische Croissants und andere süße Köstlichkeiten. Es gibt Schüsseln voller verschiedener Müsli – nicht nur Cornflakes! Schokoladen- und Waldbeeren-Müsli, ballaststoffreiche Weizenkleie, Zimtbälle, Honigsnacks oder andere mysteriöse Müslisorten mit geheimnisvollen Zutaten.
Und wenn ich meine deutschen Frühstücksgastgeber studiere, dann bin ich immer wieder beeindruckt, wie wichtig ihnen jede kleine Einzelheit auf dem Tisch zu sein scheint. Jedes gerade geleerte Glas wird sofort wieder durch ein neues ersetzt. Es gibt nur eine Sache, die ich mir wünsche: irgendein vernünftiges Getränk als Begleitung dieses wunderbaren Frühstücks.
Neues Frühstücksgetränk gesucht!
Leider liegt der deutsche Kaffee weit hinter dem der südeuropäischen Bewerber und der Tee kann überhaupt nicht mit dem englischen mithalten..
Frische Obstsäfte, die durchaus eine Alternative sein könnten, waren noch nie eine deutsche Stärke. Ich bevorzuge heiße Schokolade!
Ich hoffe, dass Deutschland ein neues Frühstücksgetränk entwickelt und damit zur Frühstückskönigin weltweit wird. Jedem, der nach Deutschland reist, empfehle ich, das Abendessen ausfallen zu lassen und dann am nächsten Morgen hungrig zum Frühstück zu erscheinen.
Diese Bericht wurde auf Englisch verfasst und von Angelika Bauer übersetzt.