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moveurope! – Information über legale Migrationswege

Der Verein migration_miteinander e.V. informiert mit moveurope! Geflüchtete und ihre Unterstützer*innen über ihre Bewegungsrechte und -freiheit innerhalb Europas. Und er begleitet alternative legale Migrationswege, die Geflüchteten eine langfristige Perspektive und ein selbstbestimmtes Leben bieten sollen.

Privat. Karla Kästner von migration_miteinander im Interview.

Über die Hintergründe des Projekts berichtet die Initiatorin Karla Kästner im Interview.

Seit wann gibt es migration_miteinander und wer steht dahinter?



Der Verein migration_miteinander e.V. wurde im April 2017 von einer Gruppe junger Menschen gegründet. Wir setzen uns dafür ein, dass Geflüchtete und die lokale Bevölkerung ein bereicherndes Miteinander erleben. Damit wollen wir die große Idee eines auf Solidarität und gegenseitiger Unterstützung beruhenden Europas vorantreiben.

moveurope! ist die Hauptaktivität von migration_miteinander. Erzähl doch etwas mehr dazu.

Wir informieren und beraten Geflüchtete und ihre Unterstützer*innen in Deutschland, Italien und anderen EU-Ländern über die Bewegungsrechte und legalen Möglichkeiten von Geflüchteten in Europa. Konkret begleiten wir junge Geflüchtete vor, während und nach einer Mobilität. Und wir organisieren als Verein auch selbst Kurz- und Langzeitmobilitäten, wie z.B. Jugendaustausch, Freiwilligendienst und Praktika.

Unsere legalen Migrationswege über FSJ und Ausbildung können Geflüchteten aus einem ersten Aufnahmeland in der EU eine langfristige und nachhaltige Perspektive in einem anderen EU-Staat – in unserem Fall hauptsächlich Deutschland – bieten.

moveurope! startete 2017 als deutsch-italienisches Pilotprojekt. Wir sind vor allem im binationalen Kontext tätig, erweitern uns jedoch gerade gemeinsam mit europaweiten Partnern auch in andere EU-Länder. Unser Ziel ist es, die Bewegungsmöglichkeiten für Geflüchtete in diesen Ländern in Zukunft ebenfalls nutzen zu können und mehr Mobilität in mehr Länder möglich zu machen. Mit moveurope! wollen wir konkret Menschen unterstützen und gleichzeitig die positiven Effekte von legalen, innereuropäischen Migrationswegen für Geflüchtete, Aufnahmegesellschaft und Staaten aufzeigen. Damit wollen wir in der Zukunft einen strukturellen Wandel hin zu einem faireren, europäischen Asylsystem bewirken.

Ihr sprecht in eurer Beschreibung davon, dass ihr dabei helft „alternative Migrationswege“ zu organisieren. Wie kann man sich das genau vorstellen?

Durch das aktuelle europäische Asylsystem (Dublin III) ist die Bewegungsfreiheit von Asylbewerber*innen und Geflüchteten eingeschränkt. Deshalb möchten wir den Zugang zu alternativen Mobilitätsmöglichkeiten für Geflüchtete mit einem Aufenthaltstitel in einem anderen EU-Land (z.B. Italien) in Deutschland fördern. Dafür organisieren und vermitteln wir kurz- und langfristige Mobilitäten für Dublinierte und anerkannte Geflüchtete in Deutschland. Ziel ist es, eine Alternative zur irregulären Weiterwanderung oder einem Aufenthalt ohne Perspektive im ersten Aufnahmeland zu bieten und sie somit auf dem Weg in ein selbstbestimmtes Leben zu begleiten.

Hierzu bauen wir ein Netzwerk mit Organisationen und Unternehmen in Deutschland auf, die auf der Suche nach jungen, motivierten Freiwilligen oder Auszubildenden sind und setzen sie mit Geflüchteten im EU-Ausland in Verbindung. Wir begleiten sowohl die Geflüchteten, als auch die Aufnahmeorganisationen in Deutschland bei allen bürokratisch nötigen Schritten (Sprache, Visum, kulturelle Mediation). Außerdem organisieren wir selbst als Verein Mobilitäten für Geflüchtete und setzen uns für die Verbreitung von Informationen zu Bewegungsrechten von Geflüchteten ein.

Wie kamst du auf die Idee? Was war dein Weg dorthin und was hast du davor gemacht?

Als eine in Deutschland geborene, weiße Europäerin habe ich das große Privileg, einen der besten Reisepässe der Welt zu haben. Dieses Recht, ja diese Freiheit, sollte allen Menschen gleichermaßen zustehen. Hotspots, die die Bewegungsfreizügigkeit von Menschen unmöglich machen, ein europäisches Asylsystem, das Ungleichheit und Diskriminierung durch eingeschränkte Mobilität für Geflüchtete schürt – das ist nicht das Europa, in dem ich aufgewachsen bin und das ich für unsere gemeinsame Zukunft möchte.

Die Einschränkung der Bewegungsfreiheit von Geflüchteten in Europa durch das aktuelle europäische Asylsystem hat zu den größten Problemen (Diskriminierung, Rechtspopulismus, gespaltene Gesellschaften, Migranten als „Feinde“ anstatt als Bereicherung) unserer Gesellschaft geführt. Bis sich das System hoffentlich eines Tages zum Besseren ändert, möchte ich mein Wissen teilen und für Alternativen einsetzen, die für alle bereichernd sein können.

In den letzten sechs Jahren konnte ich berufliche und ehrenamtliche Erfahrungen im Bereich Migration und Integration in verschiedenen europäischen Ländern sammeln und vor allem den Geflüchteten selbst zuhören. Mir wurde bewusst, dass nur alle europäischen Länder gemeinsam die Herausforderung der Integration bewältigen können. Das aktuelle System ist nicht fair, weder für Geflüchtete noch für die Aufnahmegesellschaften.

Es fiel mir auf, dass es keinen Zugang zu notwendigen Informationen über das europäische Asylsystem gibt, was wiederum das Leben von Geflüchteten und ein positives Miteinander negativ stark beeinflusste. So beschlossen wir 2017 moveurope! ins Leben zu rufen, um Menschen über ihre Rechte zu informieren und alternative Migrationswege zu ermöglichen.

Wo hast du auf dem Weg zur Gründung von migration_miteinander und bis heute Informationen und Unterstützung erhalten? Und auch: Wo lagen und liegen die größten Hürden?

Die größte Unterstützung haben wir – die Initiatoren und Menschen, die sich migration_miteinander über die Jahre angeschlossen haben – uns selbst gegeben. Trotz vieler Steine, die uns immer wieder in den Weg gelegt werden, haben wir nie aufgegeben und immer weitergemacht. Beim Start unseres Projekts war vor allem das Waldorf Institut in Witten eine der ersten Organisationen, die an uns geglaubt hat und erste Mobilitäten für Geflüchtete anbieten wollte. Diese Unterstützung war ein Meilenstein für uns, da sie viele Türen geöffnet hat.

Auf unserem Weg haben uns viele Menschen und Vereine begleitet, die uns durch aktiven Austausch unterstützt haben. Am wichtigsten ist jedoch bestimmt, den Geflüchteten selbst zu zuhören und moveurope! an ihre Bedürfnisse anzupassen. Unser Hauptpartner in Italien, Associazione Interculturale Universo, ein Migrant*innenverein, spielt dabei eine Schlüsselrolle.

Was waren bislang deine größten Lerneffekte?

Jede*r bei uns im Team hat langjährige Erfahrung in der Arbeit mit Menschen aus verschiedenen Kulturkreisen. Viele von uns haben selbst eine Flucht- oder Migrationsbiografie. Trotzdem ist jeder Fall individuell zu behandeln und man lernt nie aus!

Manchmal muss man noch mutiger sein, sich noch mehr zutrauen, z.B. wenn es um die Kontaktaufnahme zur Bundesebene oder „großen Tieren“ in der NGO-Welt geht – wir sind alle nur Menschen und Netzwerken ist das A und O!

Wie ist deine Vision für die Zukunft?

Meine Vision: Gleiche Bewegungsfreiheit und -rechte für alle jungen Menschen in Europa, unabhängig von ihrem rechtlichen Status und ein faires europäisches Asylsystem für alle!

Wo soll die Reise für migration_miteinander und im Speziellen für moveurope! in den nächsten Jahren hingehen? Und wie kann man euch auf diesem Weg unterstützen?

Konkret wollen wir in den nächsten Jahren unser europäisches Netzwerk ausbauen und ein starkes Netzwerk innerhalb Deutschlands mit Organisationen und Unternehmen, die auf der Suche nach jungen, motivierten Freiwilligen oder Auszubildenden sind, aufbauen. Dazu möchten wir unsere Arbeit professionalisieren und unsere Kommunikationskanäle ausbauen.

moveurope! soll zu einem Knowledge-Hub im Bereich Mobilität für Geflüchtete in Europa werden. Damit wollen wir mehr Menschen erreichen und auf die Situation von Geflüchteten, sowie bereits bestehende legale, innereuropäische Migrationswege aufmerksam machen (durch Kampagnen, Schulungen, Konferenzen, usw.). Unser Ziel ist es, auf höherer Ebene einen strukturellen Wandel hin zu einem faireren, europäischen Asylsystem bewirken.

Was würdest du jemandem empfehlen, der/die selbst eine Idee hat und ein eigenes Projekt starten möchte?

Traut euch! Ihr habt nichts zu verlieren. Ihr werdet Einblick in so viele verschiedene Bereiche haben und einen unglaublichen Lernprozess durchlaufen, mit Höhen und Tiefen. Am Ende werdet ihr vor allem stolz sein auf das, was ihr gemeinsam mit anderen geschafft und geschaffen habt! Das klingt alles wie eine Floskel für euch? Dachte ich vorher auch, ist es aber nicht. Ich hatte am Anfang Angst, vor allem vor der großen Verantwortung – was passiert, wenn ich etwas falsch mache? Nun blicke ich auf die letzten Monate zurück und bin erstaunt, was ich alles dazu gelernt habe und heute selbstbewusst und wie selbstverständlich täglich ausführe.

Ich möchte noch etwas Wichtiges für unsere junge Generation in Deutschland hinzufügen: Deutschland bietet uns die unglaubliche Sicherheit, uns jederzeit auf den Staat verlassen zu können. Viele junge Menschen in Europa haben nicht die gleiche Chance, weil es keine Arbeit oder ein starkes Sozialhilfesystem in ihrem Land gibt – sie müssen oft viel größere Hürden bewältigen und können nur mit großer Schwierigkeit eigene Projekte realisieren. Wir haben diese Möglichkeit und deshalb das große Privileg, auch mal experimentieren zu können. Vergesst das nicht!

Der Text erschien im Original auf www.reflecta.network.

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Autorengruppe
Daniela ist Gründerin des Reflecta-Network, einer Online-Plattform, die Changemaker miteinander vernetzt. In diesem Rahmen führt sie Interviews mit Mitgliedern des Netzwerks. „Ich möchte die Kultur und Medien dazu nutzen, Menschen zum Nach- und Umdenken anzuregen. Wenn wir uns darüber bewusst werden, was wir alles bewegen können, lassen sich die Dinge leichter und spielerischer angehen.“

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