Artikel 6 des deutschen Grundgesetzes lautet: „Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung“.
Nach § 27 AufenthG kann ausländischen Familienangehörigen eine Aufenthaltserlaubnis, bzw. ein Visum
(Familiennachzug) zum Schutz von Ehe und Familie gemäß dieses Artikels des Grundgesetzes erteilt werden.
Allerdings ist im März 2016 durch das Asylpaket II der Familiennachzug zu allen subsidiär Schutzberechtigten bis zum 16.3.2018 ausgesetzt worden ( § 104 Abs.13 AufenthG). Vor allem syrische Geflüchtete haben seit dieser Neuregelung den subsidiären Schutz erhalten und konnten daher ihre Familie nicht nach Deutschland nachholen.
Es sind politische Überlegungen, die dazu geführt haben, lediglich den subsidiären Schutzstatus zu erteilen. So wird z.B. vor einer „Sogwirkung“ beim Familiennachzug gewarnt. Die CSU hat sich gegen zu viel Einwanderung über den Familiennachzug ausgesprochen. Der Familiennachzug müsse sich auf die wirklich berechtigten Fälle beschränken. Die AFD vermutet, dass nach einer möglichen Aufhebung des Familiennachzugs am 17.3.2018 zwei Millionen Geflüchtete ihren Verwandten nach Deutschland folgen, Politiker dieser Partei warnen vor ganzen Großfamilien, die sich demnächst in Bewegung setzen und die deutschen Sozialkassen belasten könnten. Pro Flüchtling sei mit 5 Verwandten zu rechnen. Innenminister Thomas de Maizière spricht von einer „gewaltigen Zahl“.
Auf der anderen Seite gibt es Forderungen von Flüchtlingsverbänden und anderen Parteien: Das Auswärtige Amt/ Bundesregierung sollte im Kontakt mit den Ländern Türkei, Jordanien und Libanon dafür sorgen, dass Familienangehörige von in Deutschland anerkannten Flüchtlingen schnell und unbürokratisch einen Termin bei einer deutschen Auslandsvertretung erhalten. Die befristete Aussetzung des Nachzugs sollte aufgehoben werden. Bei den laufenden Koalitionsverhandlungen ist der Familiennachzug ein zentraler Streitpunkt zwischen den Parteien.
Es gab bisher kaum Zahlen dafür, wie viele nachzugsberechtigte Verwandte tatsächlich nach Deutschland kommen könnten. Jetzt aber haben Forscher des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) in Nürnberg unter anderem Daten des Ausländerzentralregisters, des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge ( BAMF) und des Auswärtigen Amts ausgewertet (https://www.iab-forum.de/familiennachzug-150-000-bis-180-000-ehepartner-und-kinder-von-gefluechteten-mit-schutzstatus-leben-im-ausland/).
In dieser Studie werden jetzt erstmals detaillierte Schätzungen zum Familiennachzug vorgelegt. Ihr wichtigstes Ergebnis: Es dürften weit weniger Flüchtlinge nachkommen als vermutet. Bis Ende 2017 könnten sich bis zu 120.000 Menschen im Ausland aufhalten, die nach den geltenden Gesetzen ihren in Deutschland lebenden geflüchteten Verwandten nachfolgen. Dazu kämen die minderjährigen Kinder und Ehepartner von subsidiär Schutzberechtigten von ca. 60.000 – um diese Zahl geht der Streit in den Koalitionsverhandlungen. „. Insgesamt wären das 180.000 Personen, was im Schnitt 0,28 Nachziehende pro Geflüchteter wären – also viel weniger als die Schätzungen der AFD.
Diese vergleichsweise geringe Zahl hat laut dieser Studie mehrere Gründe:
• Viele Geflüchtete sind jung und haben noch gar keine Familie.
• 46% der Erwachsenen unter ihnen sind verheiratet.
• 43% haben Kinder.
• Nur 27% der Verheirateten sind ohne ihren Partner geflohen, 27% der Kinder von ihren Eltern in der Heimat oder während der Flucht zurückgelassen worden.
Danach kämen auf jeden erwachsenen Geflüchteten 0,15 minderjährige Kinder, die sich noch im Ausland aufhalten.
Integrationsexperten und Flüchtlingsorganisationen warnen davor, den Nachzug der Familien weiterhin auszusetzen: Menschen, die um ihre Ehepartner und Kinder Angst haben müssen, fühlen sich in Deutschland verloren, sind verzweifelt und integrieren sich daher nicht so leicht. Sehr viele warten einfach, sie bleiben in ihrer Notunterkunft. Sie können keine Zukunftsentscheidungen treffen, wie etwa die Anmietung einer Wohnung, Aufnahme einer Berufstätigkeit, solange sie nicht wissen, ob ihre Familie kommt oder nicht. ist. Die Kinder sind diejenigen, die sich am schnellsten integrieren, sie lernen die deutsche Sprache sehr schnell und ziehen ihre Eltern mit.
Die Gerichte in Deutschland sind überfordert mit den Klagen der Geflüchteten gegen die Anerkennung als subsidiär Geschützter, Klagen auf Familiennachzug. Die Auswärtigen Vertretungen in Beirut, Amman, in der Türkei und anderen Ländern, in die die Familien geflüchtet sind, haben teilweise Wartezeiten von 12-14 Monaten für einen Termin zur Anhörung im Rahmen der Visa-Erteilung im Rahmen der Familienzusammenführung.
Viele Familien haben über Jahre den einzigen Kontakt miteinander nur über ihre Handys – wie schön wäre es für sie, sich einmal wieder in die Arme zu nehmen…..
Eine Antwort
„Integrationsexperten und Flüchtlingsorganisationen warnen davor, den Nachzug der Familien weiterhin auszusetzen: Menschen, die um ihre Ehepartner und Kinder Angst haben müssen, fühlen sich in Deutschland verloren, sind verzweifelt und integrieren sich daher nicht so leicht. Sehr viele warten einfach, … “
Was unsere konservativen und bevorzugt Horrorszenarien malenden Politiker jeglichen Couleurs zusätzlich außer Acht lassen ist dass genau solche Flüchtlinge in ihrer Frustration und ihrer Verzweiflung viel leichtere Beute für Fanatiker jeder Art sind – auch und ganz besonders für die des Daesch, in Deutschland auch IS genannt.
Aber Kurzsichtigkeit zur Befriedigung populistischen Geschreis ist ja einfacher als mal die Denkschachtel einschalten und dem Wahlvolk etwas zu erklären …