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Mehrsprachigkeit – wohin gehören die Kinder eigentlich?

Jedes fünfte Kita-Kind spricht zu Hause eine andere Sprache als Deutsch. Laut eines Berichts der Funke Mediengruppe gab es unter den 3,2 Millionen Kita-Kindern zuletzt etwa 675.000, in deren Familien Deutsch nicht vorrangig gesprochen wird. Das entspreche einem Anteil von 21,4 Prozent.

Vor einiger Zeit berichteten die Zeitungen der Funke Mediengruppe, dass jedes fünfte Kita-Kind kaum Deutsch zu Hause spricht. Dem Bericht zufolge hat der Anteil in den letzten vergangenen Jahren zugenommen. Daher fordert die FDP eine bessere Sprachförderung in Kitas. Warum sollten sie aber zu Hause nicht ihre Muttersprache sprechen? Wenn eine deutsche Familie nach Mallorca auswandert, spricht die Familie dann zu Hause Spanisch?

 Ist Mehrsprachigkeit ein Problem?

Bis circa Mitte des 20. Jahrhunderts wurde Mehrsprachigkeit oft als Problem betrachtet, da das Sprechen von mehr als einer Sprache ein Grund für einen niedrigeren IQ und einen Mangel an kognitiven Fähigkeiten bei einem Kind war. Obwohl diese negativen Annahmen falsch sind, haben viele von ihnen immer noch Vorrang. Der Zusammenhang, der zwischen Sprache, Nation und Identität gesehen wird, machte und macht mehrsprachige Menschen oft verdächtig: Wohin gehören sie eigentlich? Mit welcher Sprachgemeinschaft fühlen sie sich solidarisch?

Aus diesem Grund stehen die Familien unter großem Druck, nicht mehr mit ihren Kindern ihre Muttersprache zu sprechen.  Sie befürchteten, dass das Sprechen einer oder zweier weiterer Sprachen Migrantenkinder verwirren und ihre Integration in die Gesellschaft behindern kann. Diese Befürchtungen sind unbegründet und beruhen auf Verdächtigungen, die auf Unterschieden in Hautfarbe, Kultur und religiöser Identität beruhen.

 Wunderbare Möglichkeit!

Davon waren wir selbst betroffen, wenn man uns fragte, welche Sprache wir mit unserem kleinen Sohn zu Hause sprechen.Warum sprecht ihr mit ihm kein Deutsch? Ihr wohnt zurzeit in Deutschland, deswegen müsst ihr ihm die deutsche Sprache beibringen.

Ehrlich gesagt ist Deutsch bei uns zuhause nicht verboten. Allerdings sind wir vorsichtig, zu Hause mit unserm Kita-Sohn Deutsch zu sprechen, denn unser Sprachniveau MUSS NOCH VERBESSERT WERDEN. Wir haben Angst davor, ihm komisches und fehlerhaftes Deutsch beizubringen.

Wir reden mit dem Sohn auf DEUTSCH, solange wir ihm deutsche Kindergeschichten vor dem Schlafen vorlesen, Shopping gehen, und uns mit einem Deutschen an einen Esstisch setzen. Zu Hause versuchen wir aber mit ihm möglichst auf Arabisch (Muttersprache) zu reden, damit er auch in Kontakt mit der ganzen Familie in der Heimat bleibt. Wir sind auch der Meinung, dass unser Kita-Kind in der Kita richtiges und kein fehlerhaftes Deutsch lernen kann, was wir derzeit noch nicht gut können. Darüber hinaus bemerkt man, wie schnell die Kinder in der Kita Deutsch lernen. Dadurch haben die Kinder mit Migrationshintergrund eine wunderbare Möglichkeit, zweisprachig aufzuwachsen.

Wenn die Kinder zweisprachig aufwachsen und neben der deutschen Sprache ihre Muttersprache erlernen, können sie nämlich bereits in frühen Jahren durch Gespräche mit ihren Eltern spielend eine zusätzliche Sprache erlernen. Das ist im Erwachsenenalter deutlich schwieriger. Auch werden dadurch die kognitiven Fähigkeiten der Kinder gefördert.

 Doppelstandards?

Die Popularität einer Sprache spielt auch eine Rolle für den Erfolg der Mehrsprachigkeit. In Europa genießen Sprachen wie Englisch, Deutsch und Französisch Respekt und Anerkennung. Osteuropäische Sprachen wie Russisch oder Polnisch sowie Sprachen des Nahen Ostens wie Arabisch, Kurdisch oder Türkisch hingegen, machen misstrauisch! Dies kann dazu führen, dass Kinder die Motivation verlieren, ihre Muttersprache zu lernen. Wenn diese Sprachen nicht akzeptiert werden, fühlen sich Kinder wiederum nicht akzeptiert. Das gilt als sprachliche Diskriminierung, die gegen den Artikel 30 des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte des Kindes verstößt.

 Vorteile der Mehrsprachigkeit

Das Erlernen von Sprachen hat einen emotionalen Vorteil. Der größte Vorteil dieses Prozesses besteht darin, dass die Mehrsprachigkeit die Kinder offener macht, da sie sehr wichtige Fähigkeiten erwerben können. Und zwar die kulturelle Kompetenz, so dass Kinder verstehen können, wie Menschen miteinander kommunizieren. Daneben erwerben sie Toleranz, d.h. wie Menschen aus verschiedenen Hintergründen mit neuen Situationen umgehen.

Daraus folgt, dass die größte Lektion, die aus der Mehrsprachigkeit gelernt werden könnte, nicht nur die Sprache selbst oder die Qualität oder sogar der Grund ist, aus dem wir sie erwerben. Vielmehr bedeutet die Erziehung mehrsprachiger Kinder eine Erziehung offener, toleranter und kosmopolitischer Bürger*innen. Und daher müssen Eltern die Herausforderungen bewältigen und diesbezüglich vorankommen.

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Autorengruppe
Ahmad Shihabi
Als Praktikant bei einem Verlag fing Ahmad mit seiner Arbeit im Journalismus an. Danach arbeitete er als Redakteur im Politik- und Kulturbereich bei dem palästinensischen Magazin „Al-Hourriah“. Seit Februar 2019 unterstützt er das Team des JournalistenBüro Herne als Redaktionsassistent.

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