Wir gehen zurück zu unseren Anfängen und veröffentlichen Portraits aus unserem Archiv. Viele Geflüchtete haben uns ihre Geschichten erzählt, als sie noch nicht lange in Deutschland waren. Gerade jetzt, wo auch Geflüchtete sich in der Corona-Krise solidarisch zeigen und unsere Gesellschaft stützen, wollen wir sie nochmal in den Mittelpunkt stellen – als Menschen und unsere Nachbarn.
Von Heiderose Gerberding
Neues Leben, neues Studium
Meine Name ist Nawar Kashkash. Ich bin 22 Jahre alt und komme aus der Stadt Homs in Syrien. Homs ist flächenmäßig die größte Stadt Syriens. Die Stadtmauer in Lübeck, die auf dem Foto zu sehen ist, erinnert mich an meine Heimatstadt.
In Syrien habe ich sechs Semester Landwirtschaft studiert. Mein Wunsch ist es, in Hamburg Fahrzeugbau zu studieren. Nach dem Studium möchte ich gern als Ingenieur bei Audi oder BMW arbeiten. Nach Ende des Ramadan werde ich ein Praktikum bei ATU beginnen.
Wohnungssuche nicht ohne Vorurteile
Ich lebte sieben Monate in einer Flüchtlingsunterkunft am Rande Lübecks, wo es nicht mal eine Straßenbeleuchtung gab. Inzwischen teile ich mir mit meinem syrischen Studienfreund eine Wohnung. Er wird ab August eine Ausbildung als Mechatroniker bei der Lübecker Firma Dräger anfangen können.
Leider habe ich aber auch unschöne Erfahrungen bei der Wohnungssuche gemacht: in einer WG hatte ich als einer von 35 Bewerbern eine Zusage erhalten. Kurze Zeit später kam dann doch eine Absage, weil der Vermieter keine Ausländer in seinen Wohnungen haben wollte. Das sagen leider viele Vermieter, ohne uns überhaupt kennenlernen zu wollen. Das tut weh.
Der Wunsch nach Frieden
Ich finde Lübeck schön und freue mich, schon viele deutsche Freunde zu haben. Ich lerne gern neue Menschen kennen. Nur das Wetter in Lübeck gefällt mir nicht. Ich mag keinen Regen.
Einen Wunsch habe ich für mein Leben in Deutschland: dass ich nie wieder Krieg erleben muss. Homs war zur Hälfte zerstört, als ich die Stadt verließ. Deshalb ist meine Bitte an die Deutschen: „Make love, not war!“.
Und ich bin dankbar für alles, was Deutschland für die Flüchtlinge tut.
Wenn ich traurig bin, fahre ich ans Meer. Das erinnert mich an Lattakia – die Stadt, in der ich studiert habe. Dann geht es mir besser.