Rama ist 23 Jahre alt und kommt aus Syrien. Seit Anfang 2016 lebt sie in Hamburg, zuerst in Unterkünften von „fördern und wohnen“ und jetzt in einer eigenen Wohnung in Uhlenhorst.
Die Anstalt des öffentlichen Rechts fördern und wohnen (f & w) gibt nach eigener Aussage „wohnungslosen Menschen ein Dach über dem Kopf und hilft ihnen, wieder Fuß zu fassen“. Unter der Trägerschaft der Stadt Hamburg stellt f & w in 107 Unterkünften Wohnraum für insgesamt 34.063 Geflüchtete und Wohnungslose zur Verfügung (Stand: Juli 2020). Einige weitere Standorte fokussieren die Unterbringung von Senior*innen und Menschen mit körperlichen Einschränkungen oder psychischen Leiden. Das Leistungsspektrum umfasst die Bereitstellung von Erstaufnahmeeinrichtungen, die entgeltliche Überlassung von Wohnraum, eine medizinische Versorgung, Verpflegung sowie Beratung bei Behördenangelegenheiten.
Kannst du mir was über deine aktuelle Wohnung erzählen? Wohnst du da alleine oder mit anderen? Gefällt es dir dort?
Ich wohne alleine und bin sehr glücklich in meiner Wohnung.
Was magst du am meisten an deiner Wohnung?
Ich wohne in der Nähe der Außenalster und ich habe sehr viele Freundinnen, die nicht weit weg wohnen.
Was magst du am wenigsten an deiner Wohnung?
Ich hätte gerne einen Balkon. Die Wohnungen hier sind für mich wie „Streichhölzer“. Ich bin in Syrien in einer sehr großen Wohnung in einem Dorf in der Nähe von Damaskus aufgewachsen. Unserer Wohnung war offen für die Luft und wir hatten einen großen Balkon. Im Prinzip haben wir auf diesem Balkon gelebt. Abends trafen wir uns als Familie dort. Dieses Gefühl habe ich von zuhause mitgenommen. Deswegen mag ich Balkone sehr gerne. Sie sind eine Erinnerung an meine erste Heimat.
Was bedeutet deine Wohnung für dich?
Privatsphäre. Wegen des Kriegs habe ich meine Heimat verlassen müssen und erst in dieser Wohnung habe ich mich wieder heimisch gefühlt. Am 1.3.2017 habe ich diese Wohnung gefunden und dieser Tag war besonders, weil ich meine neue Heimat gefunden habe. Als der Krieg in Syrien bei uns ankam, musste ich aus meiner ersten Heimat (die Wohnung, wo ich aufgewachsen bin) flüchten. Wir mussten bei Verwandten leben. Seither habe ich keine Privatsphäre erlebt, bis ich meine Wohnung gefunden habe. Leider wurde die Wohnung meiner Kindheit wegen des Kriegs zerstört. Ich denke oft an meine Kindheitserfahrungen oder -erlebnisse aber ich weiß auch, dass ich das sie wegen des Kriegs verloren habe, weil es diese Wohnung nicht mehr gibt.
Wie viel kostet deine aktuelle Wohnung im Monat?
Ca. 525€ warm.
Wie ist der Kontakt zu Mitmenschen im Haus?
Am Anfang gab es keinen Kontakt, da ich die deutsche Sprache nicht verstand. Inzwischen gibt es Nachbarschaftsaustausch. Dabei habe ich einige nette Bekanntschaften gemacht. Meine deutsche Freundin, die mir geholfen hat die Wohnung zu finden, lebt im gleichen Gebäude. Die Menschen dort sind ein bisschen älter, aber sehr nett, und ich habe auch sehr viele Freunde gefunden, die in der Nähe leben.
Wie erlebst du den Kontakt zu Verantwortlichen wie Hauswarten oder Vermieterinnen?
Sie sind hilfreich, nett und sind immer erreichbar.
Gibt es viele Regeln, welche du nicht auf Anhieb verstanden hast, z.B. ein Putzplan für das Treppenhaus, Müllabholung oder Mülltrennung?
Diese Punkte werden alle von der Verwaltung geregelt. Den Mietvertrag mit den Hausregeln habe ich am Anfang nicht verstanden.
Wenn du dir die Miete aussuchen könntest – wie viel würdest du bezahlen?
Da ich die Mietpreise nicht kenne, kann ich mich dazu nicht äußern.
Wie viele Quadratmeter hast du zur Verfügung?
26 Quadratmeter.
Wohnst du aktuell in einer Wohnung von Fördern und Wohnen?
Nein.
Wie lief deine Wohnungssuche in Hamburg?
Trotz vieler Wohnungsbesichtigungen bekam ich keine Wohnung aufgrund meiner Herkunft und/oder dem Jobcenter. Ich habe sieben Monate gesucht und ich habe alle möglichen Wohnungen auf Englisch angeschrieben, aber ich habe keine Antworten bekommen. Man sagte mir immer, dass man meistens durch Kontakte eine Wohnung bekäme. Und so war es auch.☺ Eine Bekannte half mir bei meiner jetzigen Wohnung. Kontakt und Glück ist das Rezept, um eine Wohnung in Hamburg zu bekommen. Ohne meine Bekannte hätte ich keine Wohnung bekommen können.
Wie bist du nach Hamburg gekommen?
Ich war im Flüchtlingslager Bramsche und durch die Computerauswahl kam ich nach Harburg zu „fördern und wohnen“. Am 17.1.2016 war der erste Tag für mich in Hamburg und da sollte ich in Bergedorf in einer Spielhalle für vier Monate leben. Danach war ich in einem anderen Camp für ein Jahr. Die Mitarbeiter waren sehr nett, aber leider hatte ich keinen Platz für meine Privatsphäre oder zum Lernen.
Und wie ging es dann weiter?
Danach war ich in mehreren Lagern, die zu Fördern und Wohnen gehörten.
Wo hast du überall schon gewohnt?
Bergedorf und Harburg.
Wie war das für dich?
Am Anfang war es ein großes Auffanglager und danach war ich in einem Container (8qm) mit je vier Frauen. Es gab keine Privatsphäre.
Wie fühlt es sich an, in Hamburg eine Wohnung zu suchen?
Ich fühlte mich einsam, da ich die deutsche Sprache anfangs nicht gut verstand. Niemand hat uns gesagt, auf was wir bei der Wohnungssuche achten müssen.
Willst du in den nächsten Jahren hier bleiben?
Ja☺
Wie liefen Wohnungsbesichtigungen für dich ab?
Ich habe die öffentlichen Besichtigungen wahrgenommen, weil auf den festen Terminen keine Antwort via Email zurück kam.
In Studien ist klar geworden, dass Menschen mit Nachnamen wie Müller, Maier oder Schmidt in Deutschland viel einfacher Wohnungen finden. Was denkst du darüber? Hast du ähnliche Erfahrungen gemacht?
Nein.
Welche Rolle spielt die Wohnung, damit du dich gut in dieser Gesellschaft integrieren kannst?
In meiner Gesellschaft ist eine Wohnung eine Heimat. Es geht nicht um Prestige. Die Wohnung ist der erste Schritt zur Integration. Aber die Frage ist, was Integration bedeutet. Integration ist für mich Freundschaft und Kontakt mit den Anwohnern. Die Sprache ist das Werkzeug dafür. Und durch die Wohnung habe ich das geschafft.
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