Erst kürzlich wurde in den Medien über eine „hart aber fair“-Sendung diskutiert, die das Thema mit einem polemischen Titel aufgriff. Das Heimatministerium unter der Führung von Horst Seehofer war zuvor schon länger Zielscheibe von Hohn und Kritik. Und unter dem Hashtag #vonhier melden sich aktuell Menschen zu Wort, die sich nicht ständig für ihre vermeintliche Herkunft rechtfertigen wollen. Doch sollte man den Begriff vollkommen aufgeben? Mit der Heimat verbinden die meisten den Ort, an dem sie geboren sind. Nicht so unser Autor Shaalan Alali. Er fand seine Heimatliebe woanders.
Ich habe viele Definitionen über das Wort Heimat gelesen, zum Beispiel: „Heimat ist da, wo deine Flucht endet“, oder „Heimat ist kein Ort, Heimat ist ein Gefühl“ (Herbert Grönemeyer).
„Und wo wurdest du geboren? Viele Menschen betrachten den Ort, an dem sie geboren wurden, als Heimat und dies ist ein heiliges Wort in ihrer Vorstellung. Sie weinen, wenn sie die Heimat verlassen und bekommen Sehnsucht nach ihr, wenn sie woanders leben. Warum? Weil sie an die Heimat gewöhnt sind, also ist Heimat nicht mehr als eine Gewohnheit“, sagte der libanesische Autor Michael Na´ima.
Ich finde es falsch zu sagen, dass Heimat nur ein Ort sei, in dem wir oder unsere Vorfahren geboren wurden. Für mich ist Heimat viel mehr als das.
Heimat hat mit Rechten zu tun
Heimat ist eine Mischung aus Gefühlen und Rechten, Gefühlen der Geborgenheit, der Zugehörigkeit und Liebe. Es ist ein Ort, der uns umarmt, ein Ort, zu dem unsere Seelen gehören. Heimat liegt in unseren Herzen, wandert mit uns, wenn wir wandern und bleibt, wo wir bleiben. Doch eine Heimat mit diesen Gefühlen, aber ohne Rechte ist wie eine einseitige Liebe. Das will keiner.
Deutschland hat viel in mir verändert, besonders meine Gedanken über Heimat: Bevor ich nach Deutschland kam, war Heimat in meiner Vorstellung das Land, dessen Pass ich besaß. Ich hatte natürlich Gefühle für dieses Land, aber ist das eine richtige Definition für Heimat? Nachdem ich nun seit über vier Jahren in Deutschland lebe, fühle ich mich wie ein Deutscher, auch ohne den deutschen Pass zu besitzen, einfach weil ich hier Rechte habe und ich hier von Behörden und von der Polizei respektiert werde. Viele würden sagen, dass Deutschland ihre zweite Heimat ist, aber ich sage: Deutschland ist meine erste Heimat!
Wenn die Sprache zur Heimat wird
Die Sprache ist auch ein Teil der Heimat: Ich war vor ungefähr einem Jahr in Schweden zu Besuch. Ich saß im Zug am Fenster und genoss die Landschaft. Währenddessen hörte ich ein Mädchen, das Deutsch sprach. Da bekam ich sofort Sehnsucht nach Deutschland, obwohl ich am Tag zuvor noch in Deutschland gewesen war. Da bemerkte ich, dass die deutsche Sprache ein Teil meiner Heimat geworden ist und dieses Gefühl motiviert mich, noch mehr in die Sprache einzutauchen.
Dieser Text entstand im Rahmen unseres Schreibtandem-Projekts. Shaalan schrieb den Artikel in Zusammenarbeit mit Eugenia Loginova.
2 Antworten
Danke! Das höre ich so selten: die Sprache ist meine Heimat. So ähnlich geht es mir auch.
Ehrlich gesagt habe ich bis vor paar Jahren gar nicht über den Begriff Heimat nachgedacht. Komisch, wie dieser Begriff plötzlich wieder überall auftaucht. Ich wüsste auch nicht so recht, wo meine Heimat ist: geboren auf der schwäbischen Alb (eher zufällig, meine Eltern waren DDR-Flüchtlinge erstmal hängen geblieben), meine Kindheit habe ich aber in der DDR in Sachsen bei meinen Großeltern verbracht. Meine Schulzeit fand in Schwaben in der Nähe von Stuttgart statt (den sächsischen und schwäbischen Dialekt kann ich immer noch gut), mein Studium in Freiburg im Badischen und die allerlängste Zeit meines Lebens wohne ich nun schon in Hamburg. Zeit meines Lebens war ich oft mehrere Wochen in Frankreich. Wo ist nun meine Heimat? Bisher hab ich nie eine gebraucht, hab an verschiedene Orte gute und schlechte Erinnerungen. Aber die deutsche Sprache ist mir doch vertrauter als das Französische, obwohl mir dies eigentlich besser gefällt vom Klang. So ganz versteh ich es eigentlich nicht, warum plötzlich so viele Leute von „Heimat“ sprechen, denn ich kenne viele Menschen die ähnliche Biografien haben wir ich. Wie gut, dass Ihr das Thema auf diese Weise aufgegriffen habt!