Äußere Einflüsse
Nizar bin Taufiq Qabbanis Gedichte und Lieder wurden von verschiedenen tragischen Schicksalsschlägen in seinem Leben beeinflusst: Als Qabbani 15 Jahre alt war, nahm sich seine Schwester im Alter von 25 Jahren das Leben. Sie wollte keinen Mann heiraten, den sie nicht liebte. Während der Beerdigung beschloss Qabbani, gesellschaftlichen Misstände zu bekämpfen, weil er sie als Ursache für ihren Tod ansah.
Nach dem Tod seines 22-jährigen Sohns Taufiq schrieb er für ihn das berühmte Gedicht: „Dem legendären Damaszener, Prinz Taufiq Qabbani“.
Qabbanis Werk als Student
Bereits als Student schrieb Qabbani Gedichte und brachte 1944 seinen ersten Gedichteband unter dem Titel „Die Brünette sagte mir“ heraus. Er besteht aus einer Sammlung romantischer Verse, die auf den weiblichen Körper anspielen. Das schockierte die konservativen Gesellschaft in Damaskus. Damit die Gedichte akzeptiert wurden, zeigte Nizar Qabbani sie Munir al-Ajlani. Der war ein Freund seines Vaters und Minister für Erziehung, ein leitender nationalistischer Anführer in Syrien. Ajlani gefielen die Gedichte. Deshalb schrieb er die Einleitung zu Nizars erstem Buch.
Qabbani im diplomatischen Dienst
Nachdem Qabbani sein Jurastudium an der Universität von Damaskus abgeschlossen hatte, trat er 1949 in den diplomatischen Dienst. Er reiste zwischen den verschiedenen Hauptstädten hin und her. Für das syrische Außenministerium arbeitete er als Konsul und Kulturattaché in zahlreichen Hauptstädten, unter anderem in Beirut, Kairo, Ankara, Madrid und London. Als sich 1959 die Vereinigte Arabische Republik (VAR) gebildet hatte, wurde Qabbani zum Vize-Sekretär der Botschaft der VAR in China ernannt. 1966 trat er vom diplomatischen Dienst zurück. Danach eröffnete er in Beirut ein Verlagshaus, das seinen Namen trägt. Hier veröffentlichte er vor allem seine eigenen Werke.
Einfluss des Sechs-Tage-Krieges auf Qabbanis Dichtung
Auch der Sechs-Tage-Krieg 1967 beeinflusste Qabbanis Dichtung. Die Niederlage veränderte sein Werk – von erotischen Liebesgedichten zu Gedichten mit politischen Themen der Ablehnung und des Widerstandes. In seinem Gedicht „Randbemerkungen im Tagebuch der Niederlage“ geht es um die Selbstkritik an der arabischen Unterlegenheit. Damit empörte er beide politische Seiten und seine Texte wurden fast in den Medien verboten.
Qabbanis Tod
Am 30. April 1998 starb Nizar Qabbani im Alter von 75 Jahren in London an einem Herzinfarkt. Sein Testament schrieb er im Londoner Krankenhaus. Darin wünschte er sich, in Damaskus begraben zu werden. Er beschreibt die Stadt als „den Mutterleib, der mich das Dichten lehrte, der mich Kreativität lehrte und mir das Alphabet aus Jasmin gewährte.“ Nizar Qabbani wurde in Damaskus in Bab al-Saghir beerdigt. Alle Araber auf der Welt betrauerten ihn. In Nachrichtensendungen blickte man auf seine berühmte literarische Karriere.
Qabbanis Werk
Nizar Qabbani schrieb über 30 Lieder für den irakischen Sänger Kasim al-Sahir. Der benutzte mehrere von Qabbanis Gedichten als Texte für seine Lieder. Auch die libanesische Sängerin Majda al-Roumi sang mehrere seiner Gedichte, darunter „Kalimat“ (Worte), „Ma’a Jarida“ (Mit einer Zeitung) und „Tawq al-Yasmin“ (Kette aus Jasmin). Nach seinem ersten Gedichtband folgten 35 Diwane (Gedichtsammlungen). Außerdem veröffentlichte er regelmäßig Artikel in der Zeitung Al-Hayat. Darüber hinaus schrieb er einige Prosawerke wie zum Beispiel „Meine Geschichte mit der Poesie“, „Über Poesie“ oder „Die Frau in meiner Poesie und in meinem Leben“.
2005 brachte die Orientalistin und Halb-Irakerin Dr. Aliya Krupp erstmals eine deutsche Übersetzung des Gedichtebandes „Nach deinen Augen gehen die Uhren der Welt“ heraus. Generationen von Arabern waren von seinen sinnlichen und romantischen Versen begeistert. Dies verdankt er auch seinem Schreibstil und so wurde seine Dichtung von allen Gesellschaftsschichten verstanden, weil Qabbani Alltagssprache benutzte.
Qabbanis Schreibstil
Qabbanis Schreibstil unterscheidet sich stark von der traditionellen Dichtkunst. Traditionelle Gedichte haben in Form und Inhalt eine feste Struktur. Jeder Vers besteht aus zwei Teilen. Dabei gibt es ein fest vorgeschriebenes Metrum und im ganzen Gedicht eine einzige Reimendung.
Im 20. Jahrhundert begannen Dichter die feste Form aufzulockern. Zwar benutzten sie noch immer ein festgelegtes Metrum, allerdings unterschiedlich lange Verse. Die Endkonsonanten reimen sich noch, aber nicht mehr durchgehend.
Insgesamt gab Nizar Qabbani vor allem den Frauen eine Stimme. Er hat in der ganzen arabischen Welt für Aufsehen gesorgt– im Guten wie im Schlechten. Bei Qabbani gibt es aber vor allem idealtypische Frauen – sie sind fast alle sanft, romantisch, verletzlich, aber auch virtuos – pflichtbewusst – und lüstern. Als eine Ausnahme gilt die sarkastische Dame aus dem Gedicht „Die Kette aus Jasmin“.