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Eine multikulturelle Gesellschaft ist wie ein Gemälde mit verschiedenen Farben

Mein Name ist Feyza und ich bin 34 Jahre alt. Meine Freunde nennen mich Seyyah Feyza. Ich bin in Mannheim geboren und wohne momentan in Bergheim. Ich habe türkische Wurzeln. Seit etwa sieben Jahren arbeite ich für eine Textilfirma im Großhandel.

Im Jahr 2011 habe ich die ehrenamtliche Gruppe Seyyah yarsdima giden yol gegründet. Das bedeutet soviel wie: Auf dem Weg zur Hilfe.
Seit nun mehr als sechs Jahren bin ich mit weiteren Ehrenamtlichen in dieser Gruppe tätig. Wir sind vor allem für Hilfsaktionen in der Türkei verantwortlich.

Zu helfen, das ist etwas Menschliches. Hierzu bedarf es meiner Meinung nach keinen besonderen Grund. Und wir dürfen nicht vergessen, dass eine gelungene Integration nicht nur den Flüchtlingen das Leben erleichtert, sondern uns ebenfalls. Wenn wir also alle friedlich zusammen leben möchten, dann müssen auch wir als Einheimische etwas dafür tun.
Hilfe zu geben, das heißt für mich vor allem Teilen. Das Essen teilen, den Kummer und das Leid, aber auch die Freude. Also, ich betrachte nicht nur finanzielle Unterstützung als Hilfe, sondern viel mehr das füreinander da sein.
Und dafür bekomme ich eine Menge zurück! Ein großes Pack an Freude, Liebe und inneren Frieden. Und darüber hinaus die Möglichkeit, andere Kulturen kennenzulernen.

Denn jeder neue Kontakt bringt eine neue Erfahrung mit sich. So lernt man zum Beispiel einige neue Wörter in einer anderen Sprache. Und man lernt, dass es möglich ist, von Null aus wieder ein neues Leben aufzubauen, solange Hoffnung und Entschlossenheit da sind.

Ich persönlich finde es nicht richtig, schon vorab gesonderte Grenzen gegenüber Flüchtlingen zu stellen, wobei man ja auch gleichzeitig irgendwie versucht, diese Menschen in die Gesellschaft zu integrieren. Und ich habe gegenüber jedem Menschen, ob Flüchtling oder nicht, zunächst eine gewisse Distanz, bis ich diese Person näher kennenlerne. Je besser ich diese Person dann kenne, desto mehr baut sich die Grenze ab. Durch mein ehrenamtliches Engagement habe ich Flüchtlinge kennengelernt, die mittlerweile zu meiner Familie gehören.

Ich erwarte ein reibungsloses Zusammenleben – egal welcher Kultur, welchem Glauben man angehört oder welche Sprache man spricht. Natürlich gibt es immer wieder Vorfälle, die entäuschend sein können. Aber die sollten uns nicht daran hindern, die Hoffnung und Zuversicht in die Zukunft, auf das, was da kommt, zu verlieren.
Die größten Schwierigkeiten liegen in der Sprache. Wir verstehen die Sprache der Flüchtlinge nicht und sie verstehen unsere nicht. Gerade am Anfang macht dies die Verständigung echt kompliziert und schwierig.

Aber es gibt auch immer wieder sehr schöne Erlebnisse. Eines hat mich besonders berührt:
Bei einem unserer Besuche in einer Flüchtlingsunterkunft haben wir den Kindern Straßenkreide mitgebracht. Da die Kinder erst seit einigen Monaten in Deutschland waren, konnten sie unsere Sprache noch nicht. Daher haben wir dann einfach gemeinsam mit den Kindern auf dem Hof etwas gemalt. Unter den Kindern war ein siebenjähriges Mädchen. Sie hatte im Krieg ihren Vater verloren und von ihrer einst so großen Familie war leider nicht mehr sehr viel übrig. Jedes der Kinder sollte nun mit der Kreide seinen Wunsch aufzeichnen. Maria, so hieß das Mädchen, zeichnete ein großes Herz mitten auf den Hof. Zu unserer Übersetzerin sagte sie, dass sie sich wünsche, dass der Krieg endlich aufhöre und Liebe einkehre. Das hat mich wirklich sehr gerührt, dass ein so junges Mädchen, welches gerade der Hölle entkommen ist, mit so großer Hoffnung der Menschheit Frieden wünscht. Denn sie hatte alles verloren, aber den Glauben an die Liebe nicht.

Seit meiner ehrenamtlichen Aktivität bin ich dankbarer für alles, was ich besitze. Und ich versuche, mehr Zeit mit meiner Familie und meinen Freunden zu verbringen. Sachen, die ich früher als Problem betrachet habe, kommen mir heute viel belangloser vor.

Intergration bedeutet für mich, Teil einer Gesellschaft zu werden. Es soll aber nicht bedeuten, dass man seinen Glauben, seine Kultur oder seine Sprache aufgibt. Sondern, dass man seinen Platz in der Gesellschaft findet. Damit dies funktioniert, muss die Gesellschaft ersteinmal kennengelernt werden. Nur so können Vorurteile abgebaut und Integration begonnen werden.

Eine multikulturelle Gesellschaft ist für mich wie ein Gemälde mit verschiedenen Farben. Jeder Mensch besitzt seine eigene Farbe, ob es nun die Sprache, die Religion oder die Kultur ist. Diese Farben sollte man als einen Reichtum für die Gesellschaft sehen und nicht als eine Benachteiligung. Erst mit diesem Bewusstsein können wir die multikulturelle Gesellschaft genießen und in Frieden leben.

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Hussam studierte in Damaskus Politikwissenschaften mit dem Schwerpunkt Internationale Beziehungen. Parallel dazu arbeitete er als schreibender Journalist. Seit 2015 lebt er in Deutschland. Er ist Gründer und Chefredakteur von kohero. „Das Magazin nicht nur mein Traum ist, sondern es macht mich aus. Wir sind eine Brücke zwischen unterschiedlichen Kulturen.“

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