Anbei ein Auszug seiner Rezension:
(…) denn die selbstbewusst-klaren und bildstarken Worte der hier versammelten Lyrikerinnen sind genau das nicht: keine ideologisch aufgekochten Ich-Erkundungen im Sinne eines westlichen Feminismus oder religiös verbrämte Zeilen gottesfürchtiger Frauen aus der arabischen Welt. Nein, hier gibt es keine unterwürfige Maria und auch keine Magdalena männlich-religiös verbrämter Eros-Phantasien, sondern die unverblümten Äußerungen von Frauen, deren Identität nicht durch “Abgrenzung-von“, sondern durch “Hinwendung-zu“ entsteht – der Sprache und ihrer magischen Kraft des Appells. Denn hier liegt der tiefere Sinn von Sprache: in ihrer Fähigkeit, ›Eigensinn‹ aus sich selbst und der bildhaften Kraft der Wortzeichen heraus zu finden und erfinden: “Wir beide lebten wie Zweige eines Baums / und wuchsen so, wie Bäume am schönsten wachsen.“
Ist ein so schlichtes wie schönes Bild für ein liebendes Zusammenleben besser denkbar, “sprach“-bar? Und dabei sind der Baum und seine Zweige kein bemühtes und dem Sinn untergeordnetes Symbol. Nein, er ist Ausdruck einer Wahrnehmung, die die umgebende natürliche Welt ihrerseits als Ausdruck der Liebe und des Lebens begreift und sich in ihm wiederfindet, indem sie diesem Umstand zum Sprechen verhilft. Der Sprache wird zur Geburt im klingenden Sprachbild verholfen. Dafür wird sie nicht benutzt, sondern erhört und als etwas begriffen, das zutiefst mit uns, und unserem eigenen ›Sinn‹ verbunden ist.
Das schließt nicht aus, dass es in solchermaßen poetischen Worten auch deutlich zur Sache gehen kann, denn Sprache besitzt die Kraft der Appell-Funktion in Äußerungen, die auch vor eindeutigen Bewertungen nicht zurückschrecken: “Du willst mich besitzen mit / schwachem Verstand und störrischer Dummheit.“ Oder: “Empfände die Sonne für dich wie ich, sie schiene nicht, / und Mond und Sterne gingen nicht auf.“