Ein wichtiger Treffpunkt für Geflüchtete
Die großen Räume im Erdgeschoss werden vom Eidelstedter Bürgerhaus jeden Montag von 15 Uhr bis 17:30 Uhr für das Café zur Verfügung gestellt. „Wir freuen uns, dass wir die Räume hier nutzen dürfen“, sagt die 67-Jährige Billy. „Und die Betreiber des Kulturzentrums sind froh, dass wir uns kümmern.“ Auch hier würde Integrationsarbeit ohne ehrenamtliches Engagement der Bürger nicht funktionieren.
Ungefähr 30 Geflüchtete sitzen bei Kaffee und Kuchen an den großen Tischen und tauschen sich aus. Die Kleinsten flitzen immer wieder in den Nebenraum zu den Spielsachen, die ältesten Gäste sind über 70 Jahre alt. Es herrscht ein Stimmengewirr aus unterschiedlichsten Sprachen – Multikulti und Gemeinschaft, wie man es sich wünscht. „Wir haben viele Stammgäste, so Billy. Wir sind hier ein wichtiger Treffpunkt für die Geflüchteten. Meist haben sie sich in einem Erstaufnahmelager kennengelernt und wurden dann auf unterschiedliche Stellen verteilt. Bei uns treffen sie sich jeden Montag wieder. Aber es kommen auch regelmäßig neue Gäste hinzu.“
Der Arbeitsaufwand ist höher als geplant
Während Billy Kaffee nachschenkt, erzählt sie: „Bei uns werden die Geflüchteten ein bisschen verwöhnt. Aber wir unterstützen hier auch bei Schularbeiten oder helfen bei Problemen. Auch außerhalb des Cafés machen wir alle sehr viel ehrenamtliche Arbeit. Wir gehen mit den Geflüchteten zum Jobcenter, organisieren Wohnungen für sie. Welche Schwierigkeiten auch immer auftauchen – wir versuchen, sie zu lösen.“
So wurde der Arbeitsaufwand mit der Zeit für alle Ehrenamtlichen mehr, als ursprünglich geplant.
„Wir haben fast alle ein, zwei Personen, um die wir uns ein bisschen intensiver kümmern. Da kommen schon 15 Stunden in der Woche zusammen. Aber es bringt auch so viel Spaß und man kriegt so viel zurück, das ist das Schöne daran.“
„Ich musste einfach etwas tun“
Bis auf eine Ausnahme sind alle im Team Rentner. Das Café haben sie im November 2015 ins Leben gerufen. „Davor hatte ich mich noch nicht ehrenamtlich engagiert, sagt Billy. Das war eine spontane Idee, als ich gehört habe, dass so viele Geflüchtete hierher kommen. Ich musste einfach etwas tun.“ In dem Moment betritt ein junger Mann das Café und begrüßt Billy mit einer Umarmung. Ihr Verhältnis ist sehr herzlich, das sieht man auf den ersten Blick. „Wie geht es Dir Aman?“ „Alles gut“, sagt er und bittet Billy im zweiten Satz um ihre Unterstützung bei einem Problem.
„Aman ist Afghane und sein Asyl ist leider abgelehnt worden. Ich bin mit ihm zum Anwalt gegangen, um Widerspruch einzulegen.“ Billys Stimme verliert etwas von ihrem Elan, während sie davon erzählt. „Es ist traurig. Von unseren ungefähr 20 afghanischen Geflüchteten sind alle – bis auf einen – abgelehnt worden. Sie sind alle zum Anwalt gegangen und haben Widerspruch eingelegt. Solange das Verfahren läuft, dürfen sie bleiben. Aber es ist für die Betroffenen einfach furchtbar. Sie sind zum Teil seit zwei Jahren hier, leben in den Camps unter manchmal schlimmen Bedingungen. Da sind sechs Leute in einem Container untergebracht. Und anderswo stehen Container frei.“
Das hat finanzielle Gründe, meint Billy: „Es geht dabei ums Geld, denke ich. Somit braucht man weniger Personal und hat weniger Kosten, das ist die Planung dahinter. Aber ich finde das menschenverachtend, ehrlich gesagt. Und wenn die Geflüchteten dann auch noch abgelehnt werden, sind sie erst mal am Boden zerstört. Sie haben keine Perspektive mehr und auch ständig Angst, dass sie ausgewiesen werden. Sie dürfen zum Teil auch keine Deutschkurse mehr machen – also das ist schon sehr schwierig für die Menschen.“
Bereichernde Erfahrungen
Auch Billy macht hin und wieder unangenehme Erfahrungen in ihren Ehrenamt. „Das gibt es schon manchmal. Zum Beispiel hatte ich Flüchtlinge betreut, die gerne einen Deutschkurs machen wollten. Ich hatte mich sehr bemüht einen Platz zu finden, dann hörte ich plötzlich nichts mehr von ihnen und sie tauchten nicht mehr auf. Das ist dann schon enttäuschend.
Aber wir gehen natürlich auch immer von unserer Mentalität aus. Und es sind nun mal andere Kulturkreise, da müssen wir noch sehr viel lernen und auch Toleranz zeigen.“
Doch fast immer sind die Begegnungen positiv: „Wenn sich die Leute nach dem Flüchtlingscafé bedanken und Du merkst, sie haben eine gute Zeit gehabt. Und die Menschen sind meistens schon sehr, sehr dankbar für alles, was wir tun.
Auch wenn ich mit Ihnen zum Jobcenter gehe und dann wird auf einmal vieles möglich, was ihnen Schwierigkeiten bereitet, dann erfährt man viel Dankbarkeit. Wir haben auch schon Blumensträuße bekommen, obwohl die Geflüchteten ja kaum Geld haben.
Alle sind außerdem sehr freundlich und nett und freuen sich über die Möglichkeiten, die wir ihnen bieten. Und das bereichert uns. Wir gehen abends immer raus und sagen: ‚Das war ein schöner Tag, hat Spaß gemacht‘.“