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Alltag in Corona-Zeiten: der Umzug – eine illustrierte Tagebuch-Geschichte, Teil 2

Leitung: Sahar und Tilla sind seit zwei Jahren ein Schreibtandem. Darüber hinaus sind sie Freundinnen geworden. Sie treffen sich regelmäßig und sind per WhatsApp in Kontakt. Sahar arbeitet als Angestellte in einer großen internationalen Firma im Büro und Tilla ist freiberufliche Autorin und Künstlerin. Hier tauschen sie sich im Tagebuchformat über ihr Leben in der Corona-Krise aus. Die Künstlerin Eugenia Loginova hat ihre Tagebuchgeschichte illustriert.

Umzug. Zeichnungen: Eugenia Loginova

19. März 2020 Tagebuch Sahar

Ich muss, trotz Corona, in die neue Wohnung umziehen, denn ich kann nicht mehr in der alten Wohnung bleiben. Der Vertrag hier ist am 31 März vorbei

19. März 2020 WhatsApp Tilla & Sahar

Tilla:  Was hast du denn jetzt für Möbel? Ein Tisch? Ein Teppich? Ein Bett? Ein Duschvorhang? Ein Spiegel im Bad? Was noch?

Sahar:  Tisch, Teppich, Sofa habe ich. Die anderen noch nicht

Tilla:  Hast du alle gefragt? Alle die du kennst? Aus deinem Büro zum Beispiel auch?

Sahar:  Ich will niemand zurzeit fragen. Wegen Corona.

Tilla:  Hm … aber jetzt haben die Leute Zeit dafür, in ihrem Keller oder auf dem Dachboden zu suchen und etwas bereitzustellen. Also frage sie jetzt, das ist eine gute Zeit dafür. Du wirst sehen, viele geben gerne etwas, denn wir haben alle viel zu viel von allem. Viel Glück!

Sahar:  Ok, frag ich mal.

Tilla:  Gut.

Coronavirus. Zeichnungen: Eugenia Loginova

20. März 2020 Tagebuch Sahar

Ich bin im Homeoffice und habe nicht viel zu tun, außer 8 Stunden sitzen für die Arbeit von zu Hause. Aber nach der Arbeitszeit gehe ich spazieren oder einkaufen. Und ich muss ein bisschen weiter packen für den Umzug und meine alte Kleidung wegbringen zur Alt-Kleider-Box.

22. März 2020 WhatsApp Tilla & Sahar

Tilla:  Hi. Hast du schon etwas in die Wohnung gebracht?

Sahar:  Yeah

Tilla:  Ich habe drei Stühle und frage jetzt noch meine Freunde nach Möbeln für dich

Sahar:  Ah danke.

Tilla: Du weißt: Ich komme zu Besuch.

Sahar:  Jaaa natürlich und ich denke für uns beide reichen drei Stühle.

22. März 2020 Tagebuch Tilla

Ich gehe jetzt jeden Tag spazieren. Ich muss mich bewegen. Ich könnte auch Pilates oder einfach nur Turnübungen zu Hause machen, aber ich bin zu faul. Aber ich mache Übungen mit meinen Hanteln. Immerhin. Ich bin total verspannt. Kein Wunder, ich sitze den ganzen Tag vor dem PC und … schreibe NICHT. Nur Mails und ich spiele Solitär. Voll peinlich. Und Gift für Schultern und Nacken.

Gestern, es war schon nach 18 Uhr, bin ich beim Spazieren gehen an meinem Friseurladen vorbeigegangen. Da saßen sie rum und hatten nichts zu tun. Ich streckte meinen Kopf rein und rief: „Wollt ihr arbeiten?“ Sie waren verwirrt, da erkannte mich meine Friseurin und sagte: „Ach du bist es. Ja, komm, ich habe Zeit.“ Ich war ihre letzte Kundin. Am nächsten Tag kam die Ansage: Friseurläden bleiben ab sofort geschlossen. Glück gehabt!

Warteschlange. Zeichnungen: Eugenia Loginova

26. März 2020 WhatsApp Tilla & Sahar

Sahar:  Der Freund von mir, der mir helfen konnte, ist krank geworden. Wen kann ich fragen?

Tilla:  Ich habe keinen Führerschein. Hast du das Auto von dem Freund?

Sahar:  Nein, ich habe es nicht

Tilla:  Ah. Hm.

Sahar:  Eine andere Freundin kann helfen, aber sie ist seit einer Woche im Krankenhaus mit Corona Patienten beschäftigt. Sie ist Krankenschwester.

Tilla:  Deine Krankenschwester-Freundin hat genug zu tun.

 

Sahar:  Ja, will ich sie nicht stören. Ich frage A.

Tilla:  Ich frage meine Freundin. Sie hat zwar nur einen Mini, aber sie ist klasse. Sie hilft gerne und sie spricht Farsi … Gut, du fragst zuerst einmal A. Oder wir beide … also du fragst A. und ich meine Freundin.

Friseurbesuch. Zeichnungen: Eugenia Loginova

Sahar:  Ok. Alles klar

27. März 2020 Tagebuch Sahar

Ich habe an alle Freunde von mir eine SMS geschrieben, ob jemand mit einem Auto nächsten Sonntag Zeit hätte, um mir bei meinem Umzug zu helfen. Da kam Tilla mit der Idee, dass sie eine Freundin von ihr fragt. Das hat gut geklappt. Zwei Personen haben mir Bescheid gesagt, dass sie mir helfen.

 

 

 

 

Warteschlange. Zeichnungen: Eugenia Loginova

28. März 2020 Tagebuch Tilla

Ich bin seit ein paar Tagen im Streaming-Stress. Viele Theater und Opernhäuser zeigen jetzt Videos von ihren Produktionen. Es gibt Konzertaufzeichnungen, Autoren lesen aus ihren Büchern, Kinderbücher-Lesungen gibt es mit Bastelworkshops und natürlich Kabarett & Comedy. Wie soll ich alle diese tollen Angebote schaffen? Ich bin „verzweifelt“. Damit ich mal vom Internet wegkomme, habe ich die Stühle und einen Balkontisch für Sahar geputzt und bereitgestellt.

29. März 2020 Tagebuch Sahar

Abstand.Zeichnungen: Eugenia Loginova

Ich bin umgezogen. A. kam zu mir nach Hause, um mir zu helfen. Sie hat ein Auto und wir haben alle Sachen damit in die neue Wohnung gebracht. Tilla hat mir drei Stühle und einen Balkontisch geschenkt, weil ich keinen Arbeitstisch oder Esstisch habe. Ihre Freundin hat sie mit ihrem Auto gebracht. Sie alle haben mir sehr geholfen im Moment, wo doch alle Geschäfte geschlossen sind.

Doch was sollte ich mit Wi-Fi tun? Ich hatte einen Internetanbieter angerufen, aber die liefern nicht bis Ende April und ich brauche das Internet für mein Homeoffice. Da habe ich meine neue Nachbarin gefragt, ob ich ihr Wi-Fi Password bekommen kann. Sie hat ihren Mann gefragt und nach eine Stunde war sie bei mir in der Tür: Ja du kannst unser Wi-Fi benutzen. So viele Menschen helfen mir, das macht mir ein gutes Gefühl.

29. März 2020 WhatsApp Tilla & Sahar 

Sahar:  Hallo. Ich habe alles bekommen, vielen Dank.

Gutenacht. Zeichnungen: Eugenia Loginova

Tilla:  Sehr schön. Das ist doch ein guter Anfang

Sahar:  Stimmt

Tilla:  Du musst dir unbedingt merken, was du in der ersten Nacht in der neuen Wohnung träumst, denn das wird wahr.

Sahar:  Sag ich dir morgen, das was ich geträumt habe. Gute Nacht.

 

 

Diese Bericht wurde mit  Tilla Lingenberg  in Schreibtandem Projekt geschrieben.

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Autorengruppe
Sahar kommt aus Afghanistan und hat ihre Kindheit in Pakistan verbracht. Ihr Studium der  hat sie in Indien und Hamburg (Master Politik- und europäischen Rechtswissenschaft) absolviert. Sie hat im Management und im Journalismus gearbeitet. Seit langem setzt sie sich für Menschenrechte (besonders Frauen-, Kinder- und Flüchtlingsrechte) ein. Für kohero (früher Flüchtling-Magazin) ist sie seit 2017 aktiv. „Ich arbeite für das kohero-Magazin, weil das Magazin mir eine Stimme gibt und ich habe die Möglichkeit, über verschiedene Themen zu schreiben und kann in meinem Arbeitsbereich Journalismus in Deutschland weiterarbeiten und aktiv sein.“

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