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Wann kann ich Deutsche/r sein?

Vor ein paar Wochen war ich auf der Netzwerk Recherche-Konferenz. Dort besuchte ich ein Seminar, in dem über Journalisten, Migranten und Geflüchtete gesprochen wurde.

Photo by Ansgar Scheffold on Unsplash

Ich habe mich an die Frage erinnert, ab wann man davon reden kann, dass man ein Deutscher ist.

Immer wieder habe ich von dem Problem gehört, dass er oder sie kein Deutscher oder keine Deutsche sei, obwohl sie einen deutschen Pass besitzen. Ich glaube, dass die Menschen keine Ausländer mehr sind, wenn sie die Sprache von diesem Land sprechen können und wenn sie die Kultur von diesem Land verstehen. Aber bisher habe ich die Antwort auf die Frage, wann ich Deutscher sein kann oder darf, nicht gefunden. Ich weiß nicht warum, aber ich glaube, dass alle Ausländer beziehungsweise Migranten genau diese Frage beschäftigt.

Es gibt viele junge Menschen, die ausländische Eltern haben, die aber hier aufgewachsen sind, in deutsche Schulen gegangen sind und in der deutschen Gesellschaft groß geworden sind. Dennoch glauben sie, dass die deutsche Gesellschaft sie nicht für Deutsche, sondern für Migranten hält. Sie haben ebenfalls darüber nachgedacht, warum sie keine Deutschen sein dürfen.

Ich habe darüber mit einer Kollegin auf der Netzwerk Recherche-Konferenz gesprochen. Auch sie beschäftigt die Frage, warum sie keine Deutsche sein darf. Sie sagte mir: „Wenn ich jemanden kennenlerne, der mich fragt, woher ich komme, frage ich zurück: Warum fragst Du mich das? Und warum sagen mir die Leute immer, dass ich gut deutsch sprechen kann? Ja natürlich kann ich deutsch sprechen, weil ich eine Deutsche bin!
Aber wenn sie meine schwarzen Haare sehen, denken sie, dass ich keine Deutsche bin. Sie fragen mich, „woher kommst du?“, weil sie mich für eine Ausländerin/Migrantin halten.
Mein Problem- oder vielleicht auch mein Glück ist, dass ich zwei Kulturen habe – die deutsche Kultur und die Kultur meiner Eltern. Aber beide Gesellschaften sagen mir, dass ich nicht beiden Kulturen angehören darf oder kann. Natürlich habe ich eine andere Wurzeln. Aber das bedeutet doch nicht, dass ich keine Deutsche sein kann?!“

Ich kann mit meinem Artikel nur Fragen stellen, aber Ihr könnt antworten: wann darf oder kann man Deutsche/r sein?

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Apostolos Veizis arbeitet als Leiter im Bereich operative medizinische Maßnahmen bei der Organisation Ärzte ohne Grenzen (MSF) in Griechenland….

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Hussam studierte in Damaskus Politikwissenschaften mit dem Schwerpunkt Internationale Beziehungen. Parallel dazu arbeitete er als schreibender Journalist. Seit 2015 lebt er in Deutschland. Er ist Gründer und Chefredakteur von kohero. „Das Magazin nicht nur mein Traum ist, sondern es macht mich aus. Wir sind eine Brücke zwischen unterschiedlichen Kulturen.“

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8 Antworten

  1. In dem Moment, in dem man fragt, wann man ein Deutscher ist, impliziert man, dass man im Grunde nicht von der Idee überzeugt ist, dass dies der Fall ist.
    Alles beginnt in der Einstellung.
    Alle Meinungen, die von außen kommen, von anderen Menschen, werden das Gehirn nicht überzeugen. Nur das eigene Selbstverständnis gibt einem seine Identität.
    Wir fragen uns lieber, aus welchem Grund ein Mensch diese Frage stellt: Wann bin ich Deutscher?

    Der Mensch vergisst, wer er ist.
    Sich auf eine Nationalität zu reduzieren ist zu gering.
    Eine Person ist ein komplexes Wesen.
    Erfahrungen, Einflüsse und die Gefühle und Motivationen machen uns aus.
    Fragt euch lieber Wer ihr seid und was ihr wollt. Dann ist es auch nicht mehr erforderlich, sich durch Abgrenzung zu definieren.

    Ein Flüchtling wird immer ein Flüchtling sein, solange er oder sie sich selbst so sieht.

    Ein Ausländer ist solange ein Ausländer, wie er oder sie seinen Fokus darauf setzt.

    Wer bin ich und was will ich als Nächstes. Das sind fragen, die ich mir persönlich lieber stelle.

  2. Ich habe keine richtige Antwort darauf. Aber ich habe das Gefühl, dass diese Frage gerade in Deutschland sehr streng genommen wird. Beispielsweise kommt es mir so vor, dass sich dieses Gefühl in anderen Länder, beispielsweise den USA, schneller einstellen kann – also dass man „Amerikaner“ ist und sich so fühlt. Das finde ich sehr schade für Deutschland. Allein, dass immer diese Frage gestellt wird – das ist leider ein besonderes Problem der deutschen Gesellschaft.
    Wenn es jedoch um eine Stadt geht – dann ist jeder „Münchner (Bürger)“, der dort lebt. Ganz einfach. Weil ihn das Leben in dieser Stadt betrifft und er dort mitwirkt.
    Ich habe mal gelesen, dass der Begriff „Integration“ im Arabischen soviel bedeutet wie „gemeinsam zu etwas Neuem werden“. Das sollte unser aller Ziel sein 🙂

  3. Ich denke man kann dann Deutsche/r oder jede andere Nationalität sein, wenn man die Sprache spricht und wenn man mit dem Herzen in diesem Land zuhause ist und die Werte und Gesetze dieses Landes (in diesem Fall Deutschland) zum großen Teil akzeptiert und für sich annehmen kann. Natürlich gibt es aber auch dann Sachen die man nicht versteht oder die man auch nicht annehmen kann und will. Selbst für mich als Deutsche sind manche typischen deutschen Verhaltensweisen sehr befremdlich (zum Beispiel der Samstagmorgeneinkauf in Menschenmassen obwohl die Lebensmittelgeschäfte fast alle bis 22 Uhr und länger auf haben, die Fixierung vieler Menschen auf den Fernseher, die „Vergötterung“ des Autos etc..) und dennoch bin ich Deutsche. Weil ich mein Land trotz allem liebe, seine Landschaften, seine Menschen und den allerallergrößten Teil seiner Werte und Gegebenheiten.

  4. Zitat: Selbst für mich als Deutsche sind manche typischen deutschen Verhaltensweisen sehr befremdlich (zum Beispiel der Samstagmorgeneinkauf in Menschenmassen obwohl die Lebensmittelgeschäfte fast alle bis 22 Uhr und länger auf haben, die Fixierung vieler Menschen auf den Fernseher, die „Vergötterung“ des Autos etc..)

    Das würde ich nun nicht als typisch deusch ansehen. Konsumverhalten und diese Art von Konsumgütern existieren so gesehen viel zu kurz, um wirklich kulturell von Bedeutung und damit typisch für ein Volk und seine Kultur und Traditionen zu sein.

  5. Vieles wurde dieses Land weg genommen, wie zum Beispiel der Stolz Deutsch zu sein. Jahre lang wurde Deutschland als Scham der Welt bezeichnet. Es gibt kaum Sachen die man in dieses Land,in Vergleich mit der USA, nicht als Symbol einer Nation wählen kann… Nur vielleicht das schreckliche Vergangenheit, es gibt kaum Momente wo man sehr positiv über Deutschland erzählt wird…
    Ich habe für und mit Flüchtlinge gearbeitet. Keine, sogar der Autor dieses Artikels, konnte mir sagen was kannst du auf Deutschland schätzen? Kennst du die Kultur? Das Essen? Die Geschichte?… Machst du die Sprache? Weißt du warum kannst du jetzt alle diese tolle Leistungen bekommen?…
    Ich konnte über alles die mir erzählt wurde ein Buch schreiben. Meine Meinung nach, man kann immer die Deutsche Staatsangehörigkeit schaffen, man kann sich gut integrieren und asimilieren und sich als Deutsch fühlen und bezeichnen. Damit gehört auch die Schuld und die ewige Verantwortung zu Judentum. Damit gehört auch die Deutsche Identität erleben und die Kinder so weiter erziehen… Aber so wurde die Frage nicht gemeint.

  6. Zitat: „Vieles wurde dieses Land weg genommen, wie zum Beispiel der Stolz Deutsch zu sein. Jahre lang wurde Deutschland als Scham der Welt bezeichnet.“

    Das ist richtig.

    Ich kann manchen Personen gegenüber nicht einmal sagen welcher Religion ich angehöre ohne das die Nazikeule kommt oder diverse Drohungen. Dabei ist meine Religion älter wie das Christentum und hat rein gar nichts mit Nazis zu tun.

  7. Das ist eine sehr schwierige Frage. Ich bin seit fast einen viertel Jahrhundert hier und habe die deutsche Staatsangehörigkeit. Ich komme aus Nordeuropa, bin nicht an dunklen Haaren von den „Deutschen“ zu unterscheiden.
    Mein gesprochene Deutsch ist auch ziemlich gut, es passiert mir oft, dass Leute angeblich nicht gleich merken, dass ich nicht hier geboren bin. Obwohl ich das schwer zu glauben finde.
    Trotzdem bin ich für Alle noch Ausländerin und kann mir nicht vorstellen, dass das sich jemals ändern wird.

  8. Kate wenn du schreibst du kannst dir nicht vorstellen, dass sich das jemals ändern wird, nicht als Ausländerin gesehen zu werden – das klingt für mich, als würdest du dich selbst innerlich dagegen sperren nicht so betrachtet zu werden. Nur wenn man mit so einer innerlichen Überzeugung lebt, dann denke ich tut man unbewußt auch alles dafür, dass es genau so eintritt, wie man sich selber einredet.

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