Menschen aus Afghanistan haben schon immer im Iran gelebt. Ihr Aufenthalt im Iran ist also nicht als ein Phänomen anzusehen, sondern als eine alltägliche Realität. Auch wenn es einige positive Entwicklungen gibt – noch immer wird Afghanistan mit zu geringer Sachkenntnis von iranischer Seite konfrontiert. Ein kurzer Einblick in die aktuelle politische Lage Afghanistans soll mit diesem Beitrag von Homayun Alam zum Verständnis der gegenwärtigen Situation beitragen.
Gesellschaftliche Veränderungen – aber keine Verbesserungen für afghanische Flüchtlinge im Iran
Als Fazit analysiert und beschreibt der Autor die Lage in den beiden Ländern und die Lebenssituation der Menschen wie folgt: Der Iran gilt seit den erfolgreichen Atomverhandlungen mit den USA (2015) als ein interessantes Land. Es kann für den Iran, dessen Gesellschaft gegenüber der Politikführung eine andere und eventuell säkulare Lebensführung bevorzugt, nicht zukunftsweisend und gewinnbringend sein, bei der sozialen Frage im Umgang mit afghanischen Flüchtlingen keine Veränderungen und Verbesserungen anzustreben.
Der Iran befindet sich wirtschaftlich in einer einmaligen Situation. Innenpolitisch lassen sich im Land seit der Revolution von 1979 viele Dinge bewegen und zum Positiven für seine Gesellschaft ändern. Außenpolitisch hat der Iran erfahren, dass es nicht einen Politiker wie Ahmadinejads benötigt, sondern eher einen moderaten und weltoffenen Rohani.
Die soziale Frage Irans im Verhältnis zu afghanischen Flüchtlingen hat globale Relevanz
Als im Jahr 2015 viele hunderttausende Flüchtlinge – darunter viele Afghanen – ihren Fluchtweg in Deutschland beendeten, reagierten nicht nur hiesige Politiker und Zivilgesellschaft, sondern auch Wissenschaftler. Dabei gab es Stimmen, die die Rückführung von Flüchtlingen in ihre Heimatländer thematisierten. Deutsche Wissenschaftler des ,,Bonn International Center for Conversion“ veröffentlichten eine Feldstudie (Januar 2016), in der sie die Repatriierung von Afghanen aus Deutschland als bedenklich und daher für ungeeignet halten. In dieser Studie werden der Wiederaufbauprozess und die Herbeiführung eines gesicherten Friedens in Afghanistan als nicht gelungen bewertet. Dabei wird u.a. auf die physische und wirtschaftliche Unsicherheit wie auf die Perspektivlosigkeit hingewiesen.
Im Iran sind große Teile der Gesellschaft nicht mit Demokratie, demokratischer Erziehung, Pluralismus und demokratischen Freiheitswerten vertraut. Der Alltag eines Iraners ist geprägt durch staatliche Repression, die sich im Ausdruck von gesellschaftlichen Urteilen gegenüber afghanischen Minderheiten niederschlagen.
Minderheiten und Flüchtlinge werden als Störenfriede und Eindringlinge bewertet
Durch die Politik wird dieses negative Bild von Minderheiten weder behandelt noch korrigiert. Vielmehr wird seitens der Staatsführung ein inneres bzw. innenpolitisches Feindbild aufrechterhalten. Im Gegenzug wird über den äußeren bzw. ausländischen Gegner ein nationaler Konsens erzeugt, da im täglichen Inneren erfolgreich ,,Othering“ betrieben wird. Gesellschaftliche Themen, die lange schon auf eine ehrliche Auseinandersetzung oder Lösung warten, werden auf diese Weise politisch ideologisiert und sozial tabuisiert.
Soweit ein kurzer Überblick mit Auszügen aus dem Beitrag von Homayun Alam. Der vollständige Aufsatz ist hier nachzulesen: Soziale Frage Iran
Forschungsschwerpunkte:
Iran des 20. und 21. Jahrhunderts, Ethnizität, Identität, Nationalismus, Islam, Iranischer Kulturraum, Persianate World, Diaspora, Islam in Deutschland, Biographien, Migration, Fluchtmigration, Westasien, Glokalisation.