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Gelernte Pflegekraft aber nicht anerkannt?

Nicht alle gelernten Pflegekräfte, die aus dem Ausland nach Deutschland kommen, dürfen auch als solche hier arbeiten. Zur Anerkennung der Qualifizierung muss eine Kenntnisprüfung abgelegt werden. Viele gute Fachkräfte schaffen es dadurch oft nicht in unsere Krankenhäuser. Das Paritätischen Bildungswerk Bremen e.V. (PWT) hat sich dies zur Aufgabe gemacht und bietet Menschen aus aller Welt ein vielfältiges Kurangebot zur sprachlichen und beruflichen Qualifizierung. Unser Autor Leonardo de Araùjo hat Arianne Hoffmann getroffen. Sie ist leitet den Fachbereich Pflege im PWB berichtet uns von der Pflegequalifizierung für Migrant*innen, die ins Leben gerufen wurde. Das PWT tut aber noch sehr viel mehr für seine Teilnehmer und unterstützt auch in persönlichen Belangen.

Qualifizierte Pflegekräfte sind in der jetzigen Zeit besonders wichtig.

Seit mehr als 15 Jahren qualifiziert das PBW erwerbssuchende Migrant*innen für den Pflegebereich. Wenn ich richtig informiert bin, gab es damals keinen Engpass in diesem Arbeitsbereich. Was war der Auslöser?

AH: Es gab damals zwar keinen Engpass, der vergleichbar mit der heutigen Situation war. Der Bedarf im Bereich Krankenpflege war dennoch hoch und vor allem gab es viele ausländische Erwerbsuchende (z.B. aus Russland, Polen und Kroatien). Deshalb haben wir die Angebote im Bereich der Pflegequalifizierungen für Migrant*innen ins Leben gerufen. Da lag also gewissermaßen eine Marktlücke.

Auch das im Jahr 2002 erlassene Anerkennungsgesetz, welches eine Kenntnisprüfung für ausländische Pflegekräfte vorschrieb, spielte eine Rolle bei der Einführung unserer Qualifizierungsmaßnahmen. Zuvor gab es lediglich die Möglichkeit, über ein längeres Praktikum im Krankenhaus die Gleichwertigkeit des Berufsabschlusses zu erzielen.

Die aktuelle Corona-Pandemie wird uns wahrscheinlich noch einige Monate beschäftigen. Ist es eventuell angedacht, Migrant*innen für Tätigkeiten in Krankenhäusern oder Kliniken auszubilden?

AH: Nein, eine reguläre Ausbildung dauert drei Jahre, daher ist es utopisch zu denken, man könne zum Zweck der Pandemiebekämpfung kurzfristig Fachkräfte ausbilden. Auch unsere ausländischen Pflegekräfte müssen erst die Kenntnisprüfung ablegen – auch das geht nicht von heute auf morgen. Außerdem arbeiten unsere Kursteilnehmer*innen ja ohnehin schon in Krankenhäusern, Pflege- und Betreuungseinrichtungen, z.B. als Pflegehelfer*innen, und sind dort aktuell natürlich gefragter denn je. Die Idee, sie jetzt in Anbetracht der Corona- Pandemie in aller Schnelle zur Fachkraft auszubilden, greift zu kurz.

Mehr als sechs Monate über die Kursdauer hinaus werden die Teilnehmer vom PBW begleitet. Erfolgt auch eine Rückmeldung über die Arbeitgeber an das PBW?

AH: Nein, die Rückmeldung und Abstimmung erfolgt ausschließlich zwischen unseren Teilnehmenden und dem Paritätischen Bildungswerk Bremen.

Finden vergleichbare Maßnahmen auch in anderen Bundesländern und wenn nicht, warum?

AH: Vorbereitungslehrgänge auf die Kenntnisprüfung (Anerkennungslehrgänge) für ausländische Pflegekräfte bieten auch andere Bundesländer an. Unser Lehrgang „Pflege- und Betreuungsqualifizierung für Migrant*innen“ ist nach unserem Wissen allerdings einmalig in der Region. Ein vergleichbarer Kurs wird im Bremer Umland nicht angeboten. Das sieht man auch daran, dass wir viele Teilnehmende aus Niedersachsen haben.

Das Besondere an dem Lehrgang des Paritätischen Bildungswerks Bremen ist die ganzheitliche Begleitung der Teilnehmenden. Sie werden in vielfältigen persönlichen Belangen nachhaltig unterstützt. Dazu gehören Bewerbungs- und Jobcoaching, Beratung bei familiären und finanziellen Schwierigkeiten, Unterstützung bei Behördenangelegenheiten sowie beim Übergang in Ausbildung oder Arbeit und vieles mehr. Die sozialpädagogische Begleitung macht einen sehr großen Anteil unserer Arbeit aus und endet auch nicht mit dem Kurs.

Ist es denkbar, ausgebildete Migrant*innen auch für Tätigkeiten in Unterkünften für Geflüchtete einzusetzen, als Berater zum Beispiel?

AH: Unsere Teilnehmenden arbeiten vorrangig in Krankenhäusern und ambulanten/stationären Pflegeeinrichtungen. Andere Tätigkeiten sind mir bisher eher nicht bekannt. Theoretisch ist der Einsatz in Unterkünften für Geflüchtete aber natürlich denkbar und bei Bedarf auch sinnvoll. Vor ein paar Jahren hat beispielsweise das Gesundheitsamt Bremen einmal bei uns angefragt, ob wir Krankenschwestern für den Einsatz in Unterkünften für Geflüchtete vermitteln können. Die Kombination von sprachlicher und fachlicher Unterstützung kann da einen großen Mehrwert darstellen.

Über das Paritätische Bildungswerk Bremen

Das Paritätische Bildungswerk Landesverband Bremen e.V. – Institut für soziale und interkulturelle Weiterbildung – wurde 1978 als gemeinnütziger Verein und lebendiger Ort der Erwachsenenbildung gegründet. Es bietet Menschen aus aller Welt ein breites Kursangebot zur sprachlichen und beruflichen Qualifizierung und Integration. Dazu gehören Deutschkurse in allen Niveaustufen bis C1, Alphabetisierungskurse, ein zertifiziertes Prüfungszentrum für Deutschprüfungen von A1 bis C1, Lehrgänge zur beruflichen Orientierung und Vorqualifizierung sowie Angebote zur Vorbereitung auf Ausbildung und Umschulung.

Das PBW Bremen betreibt außerdem eine staatlich anerkannte private Fachschule für Sozialpädagogik und Heilerziehungspflege sowie eine private Berufsfachschule für Sozialpädagogische Assistenz und Kinderpflege. Das Angebot umfasst berufsbegleitende Ausbildungen und Umschulungen zur*m Erzieher*in, Heilerziehungspfleger*in und Sozialpädagogischen Assistent*in, sonderpädagogische Qualifizierungen, Qualifizierungen für Kindertagespflegepersonen, Weiterbildungen für pädagogisches Fachpersonal sowie Deutsch für pädagogische Fachkräfte aus dem Ausland. Das PBW ist anerkannt nach dem Bremischen Weiterbildungsgesetz und zertifiziert nach der AZAV.

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Leonardo De Araujo
Leonardo De Araujo, geboren in Rio de Janeiro, Brasilien lebt seit etwas mehr als 30 Jahren in Deutschland, vorwiegend in Hamburg. Nach einigen Berufsjahren in Werbeagenturen hat er 35 Jahre in der Fernsehproduktion gearbeitet. Nebenbei hat er sich auch als Drehbuchautor und Fotograf beschäftigt – und für das Flüchtling-Magazin, heute kohero, geschrieben.

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