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Der Hass im Netz

"Das Netz ist ein Spiegelbild unserer Gesellschaft. Wir wollen ihn nur nicht wahrhaben, den Hass in unserer Mitte."

Wenn wir die Stadt und Blume nur durch unseren Handy gucken. Foto: Hussam Al Zaher.

Einhundertsieben Jahre später, 1997, nutzte eine rechtsradikale Gruppe in Mecklenburg-Vorpommern die Webseite Altermedia, um Hetze gegen Muslime und Einwanderer jeglicher Art unters Volk zu bringen. Deren Botschaft war selbst der NPD zu radikal. Sozusagen die Pioniere des Hasses im Netz. Aber auch in gängigen Messenger-Diensten wie Twitter wurden 2014 die Pforte zu beleidigenden Kommentaren breit geöffnet. So wurde zum Beispiel die lawinenartige Zahl von sechs Millionen Hasstiraden gegen Frauen registriert. „Schlampe“ und  „Trampel“ waren dabei noch relativ harmlose Begriffe.

Hass verbreitet sich in Sekundenschnelle

Die umstrittene US-Philosophin Judith Butler hat in ihrem Buch Hass spricht Folgendes zu denken gegeben: „Das Internet und die Social Media können eine gewisse Unsichtbarkeit und Anonymität verschaffen. Und hinter dieser dunklen Mauer vergessen manche den Anstand und eine toxische Enthemmung kommt zustande. Die rasante technologische Entwicklung, die uns allen heute erlaubt, egal aus welcher Region der Erde Bilder, Filme und Töne durch den Äther zu schicken, scheint auch die Entstehung einer neuen Kultur des Narzissmus gefördert zu haben. Millionen von Menschen sind umgeben von technologischen Spiegeln, die nicht unbedingt reflektieren, wie wir uns fühlen, sondern wie wir wollen, dass die Welt uns sieht. Statt die Vielfalt der Meinungen in den sozialen Netzwerken zu nutzen, um die eigenen Weltbilder und Vorurteile in Frage zu stellen, ist es vielen Menschen wesentlich angenehmer nach einer Sicht der Dinge zu suchen, die zu deren vorgefertigten Meinungen passen. Wieder kommt das ICH ins Spiel.“*
Extremismus und blanker Hass gegen vieles haben uns Menschen schon immer begleitet. Aber es war noch nie so einfach diesen negativen Kräften ausgesetzt zu werden oder dunkle Botschaften in Sekundenschnelle um den Erdball zu schicken. Menschen und wirtschaftliche Kräfte weltweit erleiden dadurch enorme Schäden, die zum Teil nicht wieder gut gemacht werden können. Der massive Einsatz von Verleumdungskampagnen und der gezielte Einsatz von Falschmeldungen haben auch beim Ausgang der letzten US-Wahl eine gewisse Rolle gespielt.

EU-Internetforum sagt Fake News und Hassbotschaften den Kampf an

Die Zunahme der Verbreitung von Fake News und Hassbotschaften war der Auslöser für die Gründung des EU-Internetforums im Jahr 2014. Darin sind die Giganten der Netzindustrie wie Facebook, Google und Microsoft sowie Twitter und dem Internetverband ECO versammelt. Auch die Europol ist daran beteiligt. Ziel des Forums ist die Schaffung von Mechanismen, um die Verbreitung von rassistischen und fremdenfeindlichen Botschaften zu unterbinden und die Verantwortlichen für die Entstehung von Fake News zu enttarnen und zur Rechenschaft zu ziehen. Ein Ziel, dessen Umsetzung noch sehr viel Zeit und Anstrengung in Anspruch nehmen könnte.
Die Worte von Eugeny Morozow in der Zeitung The Guardian fassen das Dilemma zusammen: „Unsere politische Führung gibt die Verantwortung für die Lösung von sozialen bis hin zu militärischen Fragen immer öfter ans Silicon Valley ab – und verschlimmert das Demokratie-Defizit unserer Institutionen. Unsere Demokratien werden von steigender Ungleichheit, Terrorismus und blankem Hass bedroht. Google und Facebook haben übernommen.“**

Quellen:

*Butler, Judith: Hass spricht. Zur Politik des Performativen. Frankfurt am Main, Suhrkamp Verlag, 2006.

**Auszug aus einem Interview mit Evgeny Morozov, das im 27.03.2016 im The Guardian erschien, in einem Artikel vom 18.04.2016:  [aufgerufen am 20.12.2017]

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Leonardo De Araujo
Leonardo De Araujo, geboren in Rio de Janeiro, Brasilien lebt seit etwas mehr als 30 Jahren in Deutschland, vorwiegend in Hamburg. Nach einigen Berufsjahren in Werbeagenturen hat er 35 Jahre in der Fernsehproduktion gearbeitet. Nebenbei hat er sich auch als Drehbuchautor und Fotograf beschäftigt – und für das Flüchtling-Magazin, heute kohero, geschrieben.

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